Kiening: Genealogie im Gebiet nordwestlich von München  .
      Letzte Änderung 22.2.2011
    
Literatur: Sebastian Hiereth: Die bayerische Gerichts- und Verwaltungsorganisation vom 13. bis 19. Jahrhundert, München 1950
Informationen finden Sie auch in den
        Internetseiten der Archive.
       
Die altbayerische Staatsverwaltung in der Kurfürstenzeit ist ein buntes Durcheinander von Gerichtsbezirken. Innerhalb der staatlichen Pfleggerichte gab es viele Hofmarken, das sind Niedergerichts-Bezirke unter kirchlicher, meist klösterlicher, oder adeliger Herrschaft.
Grundsätzlich musste sich die Verwaltung aus ihren
        Einnahmen selbst finanzieren. Korruption war gewissermaßen das
        Staatsprinzip. Das soll nicht negativ verstanden werden. Der
        Staat zahlte seinen Beamten keine Gehälter, sondern verschaffte
        ihnen Einnahme-Quellen. Da die Einnahmen in Form von Gebühren
        mit der Arbeit der Beamten verbunden waren, bestand zwischen
        Fleiß und Einnahmen der Beamten ein ursächlicher Zusammenhang.
        Die Richter verhängten generell nur Geldstrafen und verfolgten
        bevorzugt vermögende Personen, die auch in der Lage waren,
        Strafen zu bezahlen. Ein Missbrauch der Ämter war durch die
        Beschwerdemöglichkeit beim Kurfürsten weitgehend verhindert.
      
Erläuterung  des Begriffes  Grundherrschaft.
    
Bei "Gericht" sowie bei "Grundherr" erscheint oft
        der gleiche Name. Deshalb fällt es schwer, die beiden Funktionen
        auseinander zu halten. 
      
Verwenden wir moderne Begriffe, dann wird der Unterschied verständlicher:
Steuerbehörden und Justiz waren wie heute ganz verschiedene und
      von einander unabhängige Behörden, zwei Säulen, auf denen der
      Staat aufgebaut ist.
    
Ein Grundherr ist Obereigentümer einer Immobilie. Er kassiert nicht nur die regelmäßigen Abgaben, sondern musste vor Besitzveränderungen gefragt werden. War er mit der vom Untertanen vorgeschlagenen Veränderung einverstanden, so schrieb er einen "Consens", mit dem der Untertan zum Gericht gehen und die Veränderung vollziehen konnte. Für die Grunduntertanen des Landesherrn gab es in jedem Gericht ein Kastenamt, heute Finanzamt, unter Leitung des "Kastners", der für die Steuereintreibung zuständig war.
Das  frühere Pfleggericht ist vergleichbar mit dem heutigen
        Notar und  Grundbuchamt. Das sind Justizbehörden, und zwar
        die "freiwillige" Gerichtsbarkeit. Sie sorgen, damals wie heute,
        für Sicherheit beim Grundeigentum. Der frühere Richter 
        wurde in seiner Arbeit von zwei Schreibern und einem Amtsdiener
        unterstützt.  Die Information über die Steuerzahler 
        bekam das Kastenamt vom Gericht. Auch das funktioniert heute
        noch genauso:  Das Amtsgericht - Grundbuchamt meldet alle
        Veränderungen im Grundbesitz an das Finanzamt.
      
Die Verwirrung entsteht dadurch, dass vor allem bei den Hofmarken die gleiche Institution sowohl aus Gericht wie auch als Grundherr auftritt. Das sei an Beispielen erläutert:
Beispiel 1. Ist der Landesherr
      der Grundherr, so sind am gleichen Gerichtsort Kastenamt und
      Pfleggericht  zuständig, wie oben geschildert. 
    
Beispiel 2. Bei einem kirchlichen, adeligen oder privaten  Grundherrn :
        Dieser  kassiert die Abgaben und ist auch für
        Entscheidungen beim Besitzwechsel zuständig. Genehmigt der
        Grundherr einen Besitzwechsel, so schreibt er dem neuen
        Unter-Eigentümer einen "Consens". Diesen legt der neue
        Eigentümer beim Gericht vor und lässt sich amtlich als neuer
        Eigentümer verbriefen. Erst damit ist der Besitzübergang
        vollzogen. Beispiel: Grundherr Domkapitel in Freising,
        Pfleggericht Dachau.
      
Ortsfremde Grundherren sind häufig, etwa dass ein Kloster im Gebirge Untertanen im Getreideanbaugebiet oder gar im weit entfernten Weinanbaugebiet hat, um sich die Lieferung dieser Produkte zu sichern.
Beispiel 3. Grundherr und Gericht sind eine Kloster-Hofmark. Dann erscheint zwar zweimal der gleiche Name, es werden trotzdem verschiedene Ämter bemüht. Als Grundherr hat der Abt des Klosters zu entscheiden. Die Gerichtsfunktion aber wird vom Klosterrichter ausgeübt. Es funktioniert also genauso wie im vorherigen Beispiel. Es entstehen auch zwei Bestände von Archivalien, einmal die grundherrschaftlichen Urkunden des Abtes und außerdem die Notarurkunden des Klosterrichters. Das ist besonders interessant, falls einer der beiden Bestände unvollständig ist.
Es treten in der Praxis alle denkbaren
        Kombinationen zwischen den 3 vorgenannten Typen von Grundherren
        und Gerichten auf. Zum Beispiel kann der Landesherr als
        Grundherr, eine Klosterhofmark oder Adelshofmark als Gericht
        erscheinen und umgekehrt.
      
Beispiel 4. In einer (Adels-)hofmark konnte die Funktion von Grundherr und Gericht auch in der Person des Hofmarksherrn vereint werden. Dann wurde nicht extra ein Consens geschrieben. Tritt dieser Fall nur für einzelne, nicht alle, Anwesen eines Ortes auf, so spricht man ein "einschichtigen Untertanen".
In diesem Sonderfall gehörten einzelne Anwesen eines Ortes nicht zum gleichen Gerichtsbezirk wie der restliche Ort, sondern zu einem anderen, meist zu einer Hofmark. Der Besitzer dieses Anwesens musste folglich seine Notargeschäfte bei einem anderen (Hofmarks-)Gericht erledigen. Die grundherrschaftliche Zugehörigkeit wird davon nicht berührt.
Beispiel: In Mammendorf war für die meisten
        Anwesen das Pfleggericht Dachau, Amt Esting zuständig. 
        Einige kleine Grundherrschaften mit wenigen Anwesen hatten auch
        die Gerichtsherrschaft, somit einschichtige Untertanen erworben,
        und zwar die Klosterhofmark Fürstenfeld, ebenso die
        Adelshofmarken Grunertshofen, Spielberg, Kammerberg und
        Solln.  Das vereinfachte  zwar den 
        Besitzübergang,  komplizierte aber Nachbar- und
        Grenzstreitigkeiten, da nun mehrere Gerichte zugleich bemüht
        werden mußten.
      
Hofmarken
Die Niedergerichtsbarkeit in den Hofmarken kann als bürgernahe Verwaltung gelten. Zu bestimmten Gerichtstagen kam der vom Hofmarksherren beauftragte Richter, selten der adelige Hofmarksherr in eigener Person, in den Hofmarksort und erledigte alle Gerichtsgeschäfte, im wesentlichen die Notargeschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Diese hatte eine größere Bedeutung als heute, da die Bevölkerung nicht schreibkundig war und selbst Quittungen größerer Geldbeträge (Heiratsgut) oder Geldanlagen (Mündelgelder) und Darlehen aus diesen Geldanlagen vom Richter, der zugleich Notar war, in Schriftform zu fassen war.
Außerdem war das Niedergericht für die kleinen Straftaten zuständig. Schwere Straftaten, für die das Landgericht zuständig war, waren (und sind) sehr selten. Es sind 2 Gruppen "kleiner Straftaten", die als Haupteinnahme der Richter gelten können:
Die Wirtshausraufereien, bevorzugt an Kirchweih. Für sie war der Hauptgerichtstermin eine Woche nach Kirchweih. Bestraft wurden stets alle Beteiligten mit kleinen Geldbeträgen.
Die Leichtfertigkeitsstrafen. Für die Erzeugung unehelicher Kinder wurden Vater und Mutter gleichmäßig gestraft, ebenfalls mit kleinen Geldbeträgen.
Die Hofmark und die damit verbundenen Einnahmen gehörte einem Adeligen oder dem Kurfürsten in eigener Person, als kirchliche Hofmark dem Bischof oder einem Kloster. Der Besitz einer Adelshofmark (im Raum Dachau) war so etwas wie ein Minister-Gehalt und regelmäßig mit einen hohen Amt im Staat verbunden. Die kirchlichen Hofmarken waren die Existenzgrundlage für den Bischof oder die Klöster.
Als Preis dafür war alle Verwaltungsarbeit, die Besteuerung und die niedrige Justiz zu erledigen.
Die Hofmarken entwickelten sich aus
        mittelalterlichen Dorfgerichten, die bis zum 30-jährigen Krieg
        auch in bürgerlichem Besitz sein konnten. Archivalien existieren
        in ausreichender Menge erst seit dem 30-jährigen Krieg. In
        dieser Zeit bis 1806 (kirchliche Hofmarken) bzw. bis 1848
        (Aufhebung der letzten Adelshofmarken ) bestanden die Hofmarken
        unverändert.
        Liste der adeligen Hofmarksherren
      
Den kurfürstlichen Landgerichten, vor 1806 Pfleggerichte genannt, blieb nur der Rest des Landkreises. Diese "landgerichtsunmittelbaren" Orte waren in Ämter zusammen gefasst. Die Archivalien sind nach Ämtern geordnet, was die Suche verkürzt.
Freising war als bischöfliches Hochstift nicht bayerisch. Ein Pfleggericht Freising gab es folglich nicht. Der Gerichtsort des Landkreises Freising war Kranzberg.
Fürstenfeldbruck war als Klosterhofmark Bestandteil des Pfleggerichtes Dachau. Der Landkreis Fürstenfeldbruck wurde erst 1823 gebildet.
Das Pfleggericht Dachau bestand aus den Ämtern: Dachau, Neuhausen, Schwabhausen, Esting.
Das Pfleggericht Kranzberg bestand aus den Ämtern: Tünzhausen, Allershausen, Indersdorf, Garching, Langenbach.
Das Pfleggericht Friedberg bestand aus den Ämtern: Friedberg, Lechhausen, Umbach.
Das Pfleggericht Mering bestand aus den Ämtern : Mering und Merching.
    
Das 1806 wesentlich vergrößerte Gebiet von Bayern erforderte eine einheitliche Verwaltung. Sie wurde nach französischen Vorbild straff zentralistisch organisiert.
Mit der Säkularisation 1806 wurden alle
        kirchlichen Hofmarken aufgehoben. Die Adelshofmarken bestanden
        zum Teil noch bis 1848. Das Gerichtswesen wurde nun einheitlich
        bei den Landgerichten, hier Dachau,
        Freising, ab 1823 auch Fürstenfeldbruck, und München (Landkreis)
        geführt . 
      
Die gestiegene Menge von Protokollen füllt oft 2 dicke Bände für ein Jahr. Um in dieser Menge ein einzelnes Protokoll zu finden, sollte man vorher das Datum wissen. Dieses wieder erfährt man aus dem Kataster.
Ziel war eine gerechte und einheitliche
        Besteuerung. Dazu wurden alle Grundstücke im Land vermessen und
        ihr Ertrag (Bonität) geschätzt. Das alte Hoffuß-System
        wurde damit hinfällig. Das Ergebnis von Vermessung und
        Bewertung, auch die Höhe der bisherigen Steuern, fand seine
        Niederschrift im Dominikal- u. Rustikalsteuer-Kataster
          von 1812. Hier erhielt jedes Wohngebäude eine
        Hausnummer. Die unbebauten (landwirtschaftlichen) Grundstücke
        wurden dem Hausgrundstück zugeordnet. Jedes Grundstück erhielt
        seine Flurnummer. Dieses System gilt im Prinzip heute noch.
        Allerdings wurden im Zug von Flurbereinigungen meist neue
        Flurnummern vergeben.
      
Kataster Abbildung als Leseübung
      
Die im Jahr 1812 entstandenen Hausnummern bilden in dieser Datensammlung das Ordnungs-Kriterium. In den meisten Orten hatten die Hausnummern bis um 1950 Bestand. Nur in Orten mit starker Bautätigkeit (an Bahnstationen, ab 1840) erfolgten ab 1860 Neunummerierungen. Diese wurden hier ignoriert oder bei den Hofnamen in Klammern angegeben. Die Gegenwart ab 1876 ist nicht Thema der Datensammlung.
Als eindeutiges Ordnungskriterium wird die
        Hausnummer hier auch für die Zeit vor 1812 verwendet. Natürlich
        wird man die hier genannten Hausnummern nicht in Archivalien vor
        1812 finden. Da die Häuser fast alle seit 500 Jahren (nach
        Meinung des Verfassers seit 1000 - 2000 Jahren) an ihrem Platz
        stehen, ist diese Methode zweckmäßig.
      
Wenn bei mir ein Besitzerwerbsdatum  ( es
        steht in der ersten Zeile unter dem Namen ) angegeben ist ohne
        Quellenangabe, für die Zeit nach 1800, so habe  ich dieses
        Datum aus dem Kataster von 1812 abgeschrieben. Zu diesen Datum
        gibt es ein Briefprotokoll für die Hofübername, Kauf oder
        Einheirat.  Da die Katasterbände nach Orten eindeutig sind
        und die Einträge mit den Hausnummern direkt gefunden werden ,
        erscheint mir hier eine weitere Quellenangabe unnötig. 
      
      Ab ca. 1865 mit Einführung der Notariate steht zusätzlich zum
      Datum der Notar und die Urkunden-Nr. im Kataster. Grundsätzlich
      sind alle Urkunden im Staatsarchiv noch vorhanden bis zur
      Gegenwart. 
       
Weitere Details zu den Archivalien Quellen
Lagerort der Archivalien ist das Staatsarchiv
Tips für den ersten Gang in ein Staatsarchiv.
--------------------------------------------------------------
        -------------------------------------------------------------- 
        (C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de