Josef Kiening: Häuser und Familien im Gebiet nordwestlich von München
Eine altbayerische Besonderheit ist das Verbot der Söldenbildung.
Es ist die Voraussetzung dafür, dass in dieser Datensammlung die
Familien nach Häusern geordnet werden konnten.
Realteilung ist die Zersplitterung des Besitzes, vor allem der
Grundstücke, auf alle Erben, wodurch die Grundstücke ständig
kleiner werden. Anders als in Gebieten mit "Realteilung" konnte in
Altbayern ein Anwesen nur ganz an einen Nachfolger gehen.
Geschwister des Nachfolgers waren mit Geld abzufinden.
Es erleichterte die Steuereintreibung, wenn das erste erhaltene
Steuerbuch von 1612 für immer galt.
Zugleich sollten damit wirtschaftlich gesunde Betriebsgrößen
mit sicheren Existenzen erhalten bleiben. Sie sind im Hoffuß-System fest geschrieben.
Wie überall lassen sich Ausnahmen finden, in denen es doch
zur Zertrümmerung eines Hofes kam, zum Beispiel in Aubing (München). Grundsätzlich gilt
jedoch, dass alle Häuser mit den dazu gehörenden Grundstücken von
1600 bis 1848 (Aufhebung der Grundherrschaft) unverändert
bestanden.
Dieser moderne Begriff meint, dass auf einer bisher unbebauten
Fläche kein Haus gebaut werden darf. Was heute eine Ursache des
Wohnungsmangels ist, hat im Prinzip schon Kurfürst Maximilian
erfunden. 1618 erließ er ein Verbot der Söldenbildung. Die Teilung
von Grundstücken war damit verboten.
1630 wurde der Bau von neuen Häusern durch kurfürstliches Mandat
verboten. (Quelle: BayHStA. Kurbayern Mandatensammlung 1630 II.6
). Unter dem Begriff der sogenannten "Bettelmandate",wurde die
jeweilige gesetzliche Grundlage zur Behandlung der Bettler und
Armen festgelegt.
Um zu verhindern, dass weitere unberechtigte Bettler oder arme
Leute aufgenommen wurden, hatte man den Bau zusätzlicher Häusl
verboten.
Gemeint sind "Zubau"-Häuser auf den Hofgrundstücken größerer Höfe,
die an Taglöhner vermietet wurden oder überzähligen Geschwistern
eine Möglichkeit zur Familiengründung gab. Die Bauern brauchten
diese Leute für Arbeitsspitzen in der Erntezeit. Während des
restlichen Jahres mussten sie versuchen, anderweitig Geld zu
verdienen oder Betteln zu gehen.
Dies setzte sich bis 1868 mit dem Gesetz über Heimat,
Verehelichung und Aufenthalt fort.
Letztendlich ging es darum, den Mittellosen das Heiraten und
Kinder erzeugen zu verbieten.
Wo blieben dann die Armen ?
Eine Heiratserlaubnis seiner Gemeinde erhielt nur, wer Eigentümer
einer Immobilie war, die als Existenz-Grundlage angesehen wurde.
Er konnte nicht verarmen.
Wer kein eigenes Immobilien-Eigentum hatte und folglich noch
ledig war, arbeitete als Knecht oder Magd bei einem Bauern. Wurde
er arbeitsunfähig, beanspruchte er das Heimatrecht. Sein
Elternhaus, auch wenn es inzwischen einen anderen Eigentümer
hatte, war für die Versorgung zuständig. Er oder sie wurde einfach
heim geschickt.
Auch uneheliche Kinder hatten eine Mutter oder Großmutter aus
einem Haus.
Die Häusler mit dem Hoffuß von 1/16 oder 1/32 waren mit dem
Heimatrecht überfordert. Da sie selbst nur saisonal Arbeit hatten,
konnten sie kaum Invaliden der vorherigen Generationen versorgen.
Die hohe Kindersterblichkeit bei den armen Leuten liegt sicher
neben Hygiene- und Ernährungsmängeln daran, dass die Eltern
ihre Säuglinge ohne großes Bedauern sterben ließen, da sie
wussten, dass diese Kinder im Leben nur Armut zu erwarten
hatten. ( In den Barockkirchen tummeln sich um Altäre oft
zahlreiche Putten, lustige Baby-Figuren. Kam ein Elternpaar in
eine solche Kirche, sah es in den Putten die eigenen gestorbenen
Säuglinge, die fröhlich im Himmel mit einander spielten.
)
Von 1600 bis weit nach 1800 gab es kein neues Bauland auf
landgerichtlichem, also kurfürstlichem Grund. Hier wurde das
Verbot der Söldenbildung wirklich befolgt.
Noch bis um 1720 las ich in Briefprotokollen, wenn ein Haus neu
gebaut wurde, dass an dieser Stelle vor 1632 (also vor dem
ersten Schwedeneinfall "1. Feind") schon ein Haus gestanden
sei, also kein neues Baurecht entsteht und das
Söldenbildungsverbot nicht verletzt wird.
Neue Häuser ohne Landwirtschaft entstanden vor 1800
gelegentlich auf Gemeindegrund, auf ungenutztem Brachland.
Grundherr war dann die Gemeinde mit einem Hoffuß 1/16 oder
1/32, was kaum eine neue Steuereinnahme ergab. Im Idealfall
sicherte der Eigentümer mit einem Gewerbe, etwa Maurer, seine
Existenz.
Der Beruf Maurer ist hier ein gutes Beispiel, da ab 1800
allmählich die herkömmliche Holzbauweise mit Strohdach von
Mauerwerk mit Ziegeldach abgelöst wurde.
Zu den Klöstern im Bearbeitungsgebiet:
Fürstenfeld, Indersdorf , Altomünster und Weihenstephan gehörten
große Orte, in deren Häuserbestand die Frage nach Neubauten von
1600 bis 1800 noch nicht untersucht wurde (mit Ausnahme
von Anton Mayr: Altomünster).
Die Eigentümer von Adelshofmarken waren mit der Genehmigung von
Neubauten großzügiger, sie förderten diese sogar.
Eine Adelshofmark sollte ein möglichst autarker Wirtschaftsbezirk
sein, in dem alle Gewerbe und Dienstleistungen vorhanden waren.
Die Herrschaft siedelte deshalb gezielt Wagner, Sattler, Metall-,
Bau- und Bekleidungshandwerker, auch Musiker. an. Das Geld
für den Betrieb des Hofmarks-Schlosses und den Bedarf der
Ortsansässigen blieb so im Ort und floss zum Teil als Steuer
wieder an die Herrschaft zurück. Für das Schloss standen
jederzeit genügend qualifizierte Handwerker zur Verfügung.
Zusätzlich waren diese Leute als Arbeitskräfte für die Ernte im
"Schloßbau", der eigenen Landwirtschaft, als Treiber für die
Jagd, für Holzfällung und Transport, Straßen- und
Brückenbau einsetzbar und als "Scharwerker" auch verpflichtet.
Nur Hochqualifizierte wie Architekten, Kunstmaler und Stuckateure
wurden von auswärts geholt.
Der Häuserbestand der Adelshofmarksorte nahm etwas zu. Als
Beispiele seien Odelzhausen, Hohenkammer, Hilgertshausen und Jetzendorf
genannt.
Für die ab 1800 neu entstandenen Orte Karlsfeld, Ludwigsfeld,
Augustenfeld gilt das vorstehende natürlich nicht. Hier wurden
unter staatlicher Lenkung Moore entwässert und parzelliert. Die
Kolonisten sollten daraus Ackerland gewinnen. Das war planmäßige
Ansiedelung, Arme Einheimische finden sich kaum bei den
Neusiedlern.
Die an das Moor grenzenden Bauerndörfer, wie Günding,
Ampermoching, erhielten ebenfalls durch die
Neuland-Erschließung neue Ackerflächen. Hier wurden aus
Häuslern ohne Landwirtschaft oft Bauern und sind bis heute
Landwirte.
siehe Ansässigmachung und Verehelichung
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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de