Kiening Genealogie im Gebiet nordwestlich von
        München
      
Siehe auch Säuglingssterblichkeit und
        Müttersterblichkeit
    
(Text mitgeteilt von   Hans Dichtl)
      Die Rechtslage zum Familiennamen unehelich geborener Kinder, ist
      zumindest seit dem  Mandat vom 12.März 1677, in Bayern
      geregelt. 
    
 Nr.29, vom 30 Juli, Seite 571-573. 
      Bekanntmachungen: 
      Allerhöchste Weisung, die Eintragung unehelicher Kinder in 
      die pfarrlichen Geburts -Register betreffend...... 
      München den 25.July 1825 
      Es  ist untersagt den angeblichen Namen des Vaters, ohne
      dessen ausdrückliche Zustimmung in das Geburtsregister
      einzutragen. Der Pfarrer ist verpflichtet die uneheliche Geburt
      der Polizeibehörde zu melden. 
      Zudem hat er bekannt zu geben, ob sich der angebliche Vater als
      solcher bekannt hat oder nicht. 
      Die Nennung des bekannten unehelichen Vaters, sollte 
      lediglich als Anhaltspunkt und Auskunft für das natürliche
      Verwandtschaftsverhältnis in kirchenrechtlicher Beziehung dienen -
      nicht aber für die Namensgebung des unehelichen  Kindes. 
      Ebenfalls untersagt wird die gesonderte Führung der unehelichen
      Geburten in Matrikelbüchern. Den Vermerk "illegitim", findet man
      weiterhin. 
      Ein Erlass vom 11.Aug.1848, weist auch die Geistlichkeit im
      "Schematismus der Geistlichkeit Bistum Passau /Jhr.1849
      "nochmals  darauf hin, dass uneheliche Kinder dem Namen der
      Mutter folgen. 
      
      Die rechtlich richtige Handhabung, wird weiterhin  vor
      Ort  oftmals einfach ignoriert. 
      So erfolgen wegen Missachtung  noch im Jahre 1854
      entsprechende Regierungsschreiben,  die wie schon früher auf
      das spezielle Mandat vom 12.März 1677 verweisen. Die Änderung nach
      dem väterlichen Namen, erfolgt bereits hier entweder durch
      Legitimation ( nachträglicher Verehelichung), an Kindesstatt oder
      Adoption. 
      Als angeborener Name kann bei unehelichen Kindern gemäß der
      zivilrechtlichen Stellung derselben, nur der Name der Mutter
      erscheinen. 
      Wenn der Name des natürlichen Vaters auf das Kind übertragen
      werden soll, so kann dies nur durch Erwirkung der landesherrlichen
      Genehmigung geschehen. 
      (Quelle: Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtspflege des
      Königreichs Bayern Jhrg.1854) 
      Es hat also vor allem im ländlichen Bereich recht lange gedauert,
      bis sich die rechtmäßige Anwendung durchgesetzt hatte. 
      In diesem Zusammenhang wurden bei unehelichen Geburten
      entsprechende Pflegschaften veranlasst und gerichtlich
      festgehalten. 
      Ab 1808 ist es allen Gerichten untersagt, wegen außerehelicher
      Schwängerung  eine Strafe zu verhängen. 
      Es war ein einträgliches Geschäft für die Gerichte,  aber
      auch eine gute Quelle für den Forscher. 
      Die sogenannten "Leichtfertigkeits - Kammerfenster - oder auch
      Bankertstrafen" wurden als Einnahmen genauestens in den
      Rechnungsbüchern der Gerichte festgehalten. Teilweise sind diese
      aufschlussreichen Informationen, auch in entsprechenden
      Strafbüchern geführt. 
    
(Ende des Zitates nach Hans Dichtl.)
    
Das Heiratsalter der Frauen lag um die 30 Jahre. Eine
      dreißigjährige Frau hatte 10 Schwangerschaften zu erwarten. Wenn
      sie schon mit 20 Jahren geheiratet hat, musste sie mit 20
      Schwangerschaften rechnen. Die große Geburtenzahl war notwendig,
      damit wenigstens ein oder zwei Kinder erwachsen wurden, eine neue
      Generation gründen und die Alten versorgen konnten. Bei einer
      Säuglingssterblichkeit zwischen 50  und 100 % gab es kein
      Bevölkerungs-Wachstum.  Es ist nicht möglich, eine Statistik
      der Kindersterblichkeit zu erstellen, denn vor 1810 haben die
      Pfarrer zwar die Kinder im Taufbuch, aber nicht im Sterbebuch
      eingetragen. .  Gut situierten Müttern, Frauen von
      Großbauern, ist es schon gelungen mehrere Kinder aufzuziehen und
      den Zeitabstand zwischen den Geburten von ein auf zwei bis drei
      Jahre zu verlängern. 
    
Nach heutigen Vorstellungen sind die Leichtfertigkeitsstrafen unverschämt, verfolgten jedoch einen bestimmten Zweck:
Die soziale Absicherung der Landbevölkerung bis 1865 baut auf
      zwei Voraussetzungen:
    
1. Nur verheiratete Paare dürfen Kinder bekommen
      2. Nur Paare mit Immobilien-Eigentum dürfen heiraten. 
    
Diese Prinzipien wurden rigoros durch gesetzt,  das zweite
      mit Erfolg. Die unehelichen Kinder wurden so schlecht behandelt,
      dass sie nach 3 Wochen in den Himmel kamen.
    
Mit zwei Elternteilen war die Existenz der Kinder gesichert, bis sie ab dem 12. Lebensjahr "ihr Stück Brot selbst verdienen" konnten.
Die Immobilie, selbst ein kleines Häusel, sicherte die Familie.
      Mit einer Kuh in der Gemeindeherde und einem Krautgarten war die
      Existenz gesichert.  Arbeitsunfähige Alte übergaben das Haus
      an die nächste Generation und ließen sich dafür versorgen. Waren
      keine eigenen Kinder vorhanden, fand sich jemand in der
      Verwandtschaft oder ein fremder Käufer für das Haus.
    
Das Idealmodell ist: Ein Paar heiratet mit 30 Jahren, wirtschaftet auf dem Haus bis zum 60. Lebensjahr und übergibt an das älteste Kind, das dann etwa 30 Jahre alt ist. Das Heiratsgut des ein heiratenden Partners ist der halbe Wert des Anwesens. Damit kann ein Geschwister des erbenden Kindes in ein gleichwertiges Anwesen ein heiraten. Das Heiratsgut läuft also nur im Kreis. Bei ein oder zwei Kindern geht die Rechnung auf. Weiteren Kindern blieb nur der soziale Abstieg in ein kleineres Anwesen, für das der Erbanteil reichte. Gab es kein Erbe, war lebenslanger Dienst als Knecht oder Magd eines Bauern das ausweglose Schicksal.
In den Taufbüchern (im Gebiet nordwestlich von München) vor 1800 findet man kaum uneheliche Kinder. Die Bevölkerungszahl blieb fast konstant. Wer heiraten wollte, fand auch Gelegenheit, ein Haus zu kaufen und eine Familie zu gründen.
Als im 19. Jahrhundert der Staat Maßnahmen zur Senkung der Kindersterblichkeit ergriff, ändert sich die Situation. Auf dem Land gab es weder Wohnungen, noch Arbeitsplätze für die wachsende Bevölkerung.
Neue Häuser durften nicht gebaut werden. Wer kein Hauseigentum hatte, durfte auch nicht heiraten. Die Gemeinden befürchteten, dass die Besitzlosen der "Wohlfahrt" auf Kosten der Gemeinde, moderner Ausdruck dafür ist "Sozialhilfe", zur Last fallen würden. Deshalb erteilten sie keine Heiratslizenzen. Ohne diese gab es keine Heirat. Was blieb den Paaren anderes übrig, als ihre Kinder unehelich zu bekommen ? Empfängnisverhütung war unbekannt.
Ganz krass war das in den Orten, die ab 1840
        Eisenbahnstationen wurden. Die Bahn brauchte Personal und baute
        auch Miet-Wohnungen dafür. Die Gemeinden erlaubten 
        trotzdem  keine Heirat und Ansässigmachung,  um nicht
        unterhaltspflichtig zu werden.  
    
Als die Heiratsbeschränkungen um 1865 aufgehoben
        wurden, wurden viele Heiraten nachgeholt. Die Nachkommen fragen
        sich heute, warum die Paare erst nach 1865 geheiratet haben, als
        ihre Kinder oft schon erwachsen waren. Sie konnten vorher nicht
        heiraten.
      
Die Pfarrer äußerten sich oft abfällig über die unehelichen Kinder, auch in Bemerkungen in den Pfarrbüchern. Sie ignorieren dabei völlig, unter welchen sozialen Bedingungen diese unehelichen Kinder erzeugt wurden. Mit Moral hat das alles nichts zu tun, sondern nur mit den damals geltenden Gesetzen bzw. deren Anwendung.
Bis etwa 1845 erhielten uneheliche Kinder meist
        den Familiennamen des Vaters, falls dieser bekannt war. Die
        Vorschrift, dass uneheliche Kinder den Familiennamen der Mutter
        bekommen,  setzte sich auf dem Land  erst langsam
        durch.  Erst ab Geburtsjahr 1845 tragen sie überall den
        Namen der Mutter. Oft ist aus dem Taufbuch nicht ersichtlich,
        welchen Familiennamen das uneheliche Kind hat, denn die Spalte
        Kind enthält nur den Vornamen, weitere Spalten die Namen von
        Vater und Mutter. Die Suche mit Hilfe eines Namensregisters ist
        erfolglos, wenn man nicht gerade zufällig den richtigen von den
        zwei möglichen Namen (Familienname des Vaters oder der Mutter)
        erwischt, obwohl der Taufeintrag vorhanden wäre. 
      
Die Abkürzung p.m.s.e. in
        Urkunden bedeutet: "per matrimonium subscript ejus", "nach
        Heirat der Eltern für ehelich erklärt". Falls ein Kind bei der
        Taufe den Familiennamen der Mutter erhielt, ändert sich bei der
        Ehelich-Erklärung der Familienname des Kindes.
      
Oft tauften die Pfarrer aus Bosheit die
        unehelichen Kinder mit ungewöhnlichen Vornamen, um sie zu
        diskriminieren. Dabei konnten die Kinder am wenigsten dafür,
        dass sie unehelich waren. Die Mutter des Kindes war bei der
        Taufe (am Tag der Geburt oder am nächsten Tag) nicht dabei und
        wurde auch nicht gefragt.
        
Beerdigung der gestorbenen Säuglinge
Infolge der schlechten Behandlung starben vor allem die unehelichen Kinder meist innerhalb von drei Wochen nach der Geburt. Den Kindern in den armen Familien ging es nicht besser.Die Säuglinge wurden ohne große Zeremonie in einer Ecke des
      Friedhofes begraben. Das Familiengrab wurde für einen Säugling
      nicht auf gegraben. Wenn in jeder Familie in jedem Jahr ein
      Säugling beerdigt wurde, hätte es keine Grabbepflanzung mit Blumen
      gegeben, denn der ganze Friedhof wäre ständig voll aufgewühlten
      Erdhaufen gewesen. 
    
Der Pfarrer sparte sich bei Kindern einen Eintrag im Sterbebuch.
      Manchmal machte er ein Kreuz vor den Taufeintrag.  
    
Erst ab 1830/40 finden wir in den Sterbebüchern die gestorbenen
      Kinder.  Das war eine Forderung des Staates an die Pfarrer.
      Mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht mussten die Pfarrer
      nach den Taufbüchern Listen des zur Musterung durch das Militär
      anstehenden Geburtsjahrganges erstellen. Dabei stellte sich
      heraus, dass die Hälfte des Jahrganges bereits als Säugling
      oder  Kind gestorben war und die noch lebenden 20-jährigen
      waren als Bauernknechte oder Handwerksburschen irgendwo abwesend.
      Ab 1876 nahm der Staat mit Einführung der Standesämter die
      Registrierung von Geburten, Heiraten und Toten selbst in die Hand.
      
    
Putten, lustige Säuglings-Figuren, tummeln sich um alle
      Barock-Altäre.  Kam eine Frau in die Kirche, sah sie in den
      Putten ihre gestorbenen Säuglinge wieder und konnte jedem Putto
      einem Namen geben. 
    
Etwa ab Beginn des 20. Jahrhundert gibt es amtliche Vaterschafts-Feststellungen durch die zuständigen Vormundschafts-Gerichte. Das ist eine zusätzliche Quelle, jetzt im Staatsarchiv, wenn der Geburtseintrag beim Standesamt keine Vaterangabe enthält.
Bei unehelich geborenen kann auch die Heirat Informationen über die Eltern enthalten, die im Taufeintrag nicht stehen. Zum Beispiel, was aus den Eltern bis zur Heirat des Kindes geworden ist, wo sie zwischenzeitlich anderweitig geheiratet haben. Es gibt außerdem im Staatsarchiv "Pfarrbuchzweitschriften" (verfilmt), die von den Pfarrern auf amtliche Formulare geschrieben und jährlich an das Landgericht abgegeben wurden. Dieser nachträgliche Taufeintrag könnte vom ersten Taufeintrag im Pfarrbuch abweichen, schon aufgrund des Formulares.
Dr. Hanke meinte einmal, dass die Pfarrer die ledigen schwangeren Mädchen im Beichtstuhl nach dem Vater ausgefragt haben und diese geheime Information auch in das Taufbuch eingetragen haben. Zwecks Geheimhaltung wurden sogar getrennte Taufbücher für uneheliche Kinder geführt und diese bis in die Gegenwart im Tresor verwahrt. In so einem Fall könnte der Taufbucheintrag vom standesamtlichen Geburtseintrag abweichen und wertvolle Hinweise für den Familienforscher enthalten.
Selbst die Briefprotokolle enthalten Angaben über uneheliche Kinder: Die Kindsmutter verlangte "Kostgeld". Der ledige Kindsvater hatte kein Geld, aber einen Anspruch auf ein Erbteil. Wurde aus dem Erbanspruch (Heiratsgut-Zusage) vom Vater oder Hofbesitzer etwas ausbezahlt, ließ sich dieser den Betrag natürlich in notarieller Form quittieren.
Eheverträge enthalten Angaben über Kinder, die ein Partner in die Ehe mitbringt. Oft ganz versteckt zum Ende des Textes, bei der Vereinbarung für den Todesfall ohne eheliche Kinder. Dann sei das Heiratsgut nicht an Eltern oder Geschwister zurück zu zahlen, sondern steht dem unehelichen Kind zu.
Zuletzt: Ledige Frauen aus der Umgebung konnten (nach 1800) 
      zur Entbindung nach München in das Gebärhaus gehen. Die Taufe
      wurde natürlich hier in München vorgenommen. Gestorben sind diese
      Kinder kurze Zeit später im Heimatort der Mutter bei einer
      Pflegemutter, der sogenannten "Engelmacherin". 
    
In den Familienbüchern der Pfarrer, ab 1830, hat man den
      Eindruck, dass die Pfarrer besonders eifrig bei den Töchtern die
      unehelichen Kinder registriert haben, auch wenn diese gleich
      wieder gestorben sind.  Bei den Söhnen, die
      logischerweise  genau so viele uneheliche Kinder hatten, gibt
      es keine Vermerke. Nur für die Frauen waren die Kinder
      ehrenrührig.
    
(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de