Ich saß auf dem Fensterbrett im 1. Stock und
      hatte mit Dominosteinen und Spielkarten ein Gebilde aufgebaut, das
      einem heutigen Parkhaus ähnlich war. Mit einfachen kleinen
      Holzautos fuhr ich darauf herum. Ein etwas jüngerer Bub im Haus
      gegenüber im 3. Stock beobachtete mich und rief mich schließlich
      an, von seiner Mutter ermuntert: "Bubi, was machst Du denn da?"
      "Ich baue ein Haus, komm halt rüber!" Das ließ er sich nicht
      zweimal sagen und kam gleich über die Straße gelaufen. So
      freundete ich mich mit Helmut (Zandt?) an. Er kam ein Jahr nach
      mir in die Schule. Trotzdem waren wir Freunde und spielten viel
      miteinander, bis er in das Gymnasium wechselte. Er hatte eine
      Biller-Eisenbahn mit Kipploren, die man schön mit Sand be- und
      entladen konnte. Der nächste Freund war Peter Parigger im Eckhaus
      gegenüber. Am ersten Schultag bestimmten die Mütter einfach, dass
      wir immer zusammen gehen sollten, da wir ja den gleichen 15
      Minuten weiten Weg hatten. Wir gingen wirklich die 8 Schuljahre
      meist zusammen in die Schule und heim. Die Phasen kindlichen
      Streites dauerten nie  lange. 
    
    Meine Schule begann 1947 in der Bergmannschule,
      die, weil ausgebombt, in der burgähnlich düsteren Ridlerschule
      untergebracht war.
      
      Dieses Schulgebäude war nach dem Krieg längst
        nicht schön.Die Klassen waren groß, die Räume wenig. Wir hatten
        Schichtunterricht mit ständig wechselnden Zeiten. Ich saß neben
        einem  Fenster und blickte immer den Wolken am blauen
        Himmel nach. In der Erinnerung verbindet sich der blaue Himmel
        mit den Herbstlaub-Bildern des Lesebuches. Der Herbst 1947 muss
        sonnig gewesen sein. Blauen Himmel sah ich vor den Fenstern
        unserer Wohnung  in der Parkstraße nicht, sondern nur die
        rußschwarzen Fassaden gegenüber. 
        
        Die Schulbänke waren in Reihen fest montiert. In die 
        schrägen  Tische waren Tintengläser eingebaut. Hier
        tauchten wir die Federn ein. Papier war rar, Kriegspapier mit
        viel Holzfasern. Die Hefte waren wie Fließpapier und kaum mit
        Tinte zu beschreiben, weil die Feder auf den rauen Papier hängen
        blieb und die Tinte aus einander floss. Es gab viele
        Tintenklekse und blaue Finger. Schulbücher gab es kaum, da die
        Bücher aus der Nazizeit nicht mehr verwendet wurden.
        
         Wir benützten  Schiefertafeln und Griffel  Die
        Schiefertafeln für die Erstklassler waren so groß wie DIN A 5.
        Geschrieben wurde mit einem Schiefer-Griffel. Eigentlich wurde
        die Schrift in die Tafel gekratzt. Die Griffel  waren so
        hart, dass man sie kaum spitzen musste. Es war wohl Aufgabe der
        Mütter, zuhause die Griffel zu spitzen. Ein kleines Schulkind
        konnte das kaum.  Die Tafel wurde vorsichtig in den
        Schulranzen gepackt, damit sie nicht zerbrach.. Der Ranzen war
        ein rechteckiger Leder-Rucksack. Am Holzrahmen der Tafel waren
        an Schnüren  befestigt ein Schwamm und ein Lappen. Die
        Schnüre hingen am Deckel vom Ranzen heraus, denn sie waren
        nass.  Mit dem Schwamm konnte die Schrift auf der Tafel
        gelöscht werden und mit dem Lappen wurde die Tafel getrocknet.
        Die Hausaufgabe war auf die Schiefertafel zu schreiben und diese
        sorgfältig zu verpacken, damit die Schrift nicht verwischt
        wurde. 
        
        Außerdem hing außen am Schulranzen ein kleiner Aluminium-Kübel
        mit Deckel und Bügel-Henkel.  Bei der "Schulspeisung"
        erhielt jedes Kind eine Kelle voll undefinierbaren grauen Brei
        in den Kübel. Ich habe das Zeug selten gegessen, sondern nach
        Hause getragen. Die Schulspeisung war eine Spende der
        amerikanischen Quäker-Sekte. Hier ging es darum, unverkäufliche
        amerikanische Ernteüberschüsse als gute Tat zu verwerten. Es war
        Mais oder Reis, der zu einem geschmacklosen Brei gekocht wurde
        und in großen Thermo-Kübeln an die Schulen geliefert wurde. 
        
        Nach den Weihnachtsferien wurden wir wieder heim geschickt, weil
        die Schule keine Kohlen oder Koks für die Dampfheizung 
        hatte. Der Heizer hat dann wohl Nazizeit-Schulakten und kaputte
        Schulbänke  oder Torf verbrannt. Der Dampf reichte nur für
        einen Teil der Räume. Wir mussten in der Pause von einem
        geheizten in ein ungeheiztes Klassenzimmer bzw. umgekehrt
        wechseln. Dazu wurden wir in Zweierreihen-Kolonnen durch das
        Gebäude gescheucht. Den Schulmief der ungelüfteten Räume
        vergesse ich nicht. 
        
        In der 2. Klasse ahmte ich einmal die Handbewegungen der
        Lehrerin nach. Diese sah das, ließ mich raus treten und gab mir
        2 Tatzen, also auf jede Hand einen Schlag mit dem
        Bambus-Rohrstock. Ich fand das ungerecht. Darauf weinte ich
        einige Stunden lang und störte so den Unterricht nachhaltig. Die
        übrige Klasse hat wohl gar nicht mitbekommen, warum ich Tatzen
        erhielt. Das waren meine einzigen Schläge in der Schule, soweit
        ich mich erinnern kann. Damals war es auch üblich, wenn die
        Klasse zu unruhig war, mussten alle Kinder beide Hände flach auf
        den Tisch legen. Die Lehrerin hat dann noch die hölzerne
        Griffel-Sshachtel auf die Finger gestellt.
        
        Während meiner ersten Schuljahre habe ich in der Schule
        geträumt. Das war aber nicht schlimm, denn Lesen lernte ich
        schon vor der Schule.
        
        Am 21.3.1948, also während der 1. Klasse beginnt im Alter von 7
        Jahren  ein neuer Lebensabschnitt für mich, denn plötzlich
        hatte ich meinen Vater, als dieser aus der Kriegs-Gefangenschaft
        zurück kam. An meine kurzen früheren Begegnungen mit ihm mit 2
        oder 3 Jahren während seines Front-Urlaubes hatte  ich
        natürlich keine Erinnerung. Die Fotos  hat mir meine
        Mutter  gezeigt, aber dass ich der Säugling war, konnte ich
        mir nicht vorstellen..Ob mir meine Mutter vom Vater erzählt hat
        oder mich auf sein Kommen vor bereitet hat, kann ich sie nicht
        mehr fragen und weiß es selbst nicht. 
        Mit der Wieder-Eröffnung der Bäckerei änderte sich das
        Familienleben wesentlich.
        
        Scheinbar habe ich mich unmerklich an die Veränderungen gewöhnt,
        da mir diese erst 2021 als solche bewusst wurden. 
      
      
      1948 Vater kommt aus der Gefangenschaft
      
      Mein Vater kam am 21.3.1948 aus der Kriegsgefangenschaft zurück
      und trat damit erstmals in mein bewusstes Leben. An Einzelheiten
      erinnere ich mich nicht, nur dass mein Vater sehr braun gebrannt
      war, da er aus Afrika kam, und dass ich darüber einen Aufsatz
      schrieb. Vater brachte einen eigenartig weinroten Mantel mit. Es
      war ein umgefärbter englischer Militärmantel. Die erste Zeit war
      ich eifersüchtig, weil ich meine Mutter nicht mehr allein für mich
      hatte und nicht mehr im großen Bett bei meiner Mutter schlafen
      durfte. 
      Bald darauf kam die Währungsreform. In unserer Ridlerschule wurde
      das Kopfgeld, 40 DM, verteilt. In langen Schlangen standen die
      Leute an.
      
      Auf den Fotos  sieht man deutlich, wie schäbig die
      Kleidung  in  den Notjahren wurde. Vaters guter Anzug
      stammte wohl noch aus der  Vorkriegszeit, aber die
      Kinder  kommen recht selbstgestrickt daher. .
      
      Von einem Kameraden meines Vaters in der ägyptischen
      Gefangenschaft, der Bauer in der Nähe von Aibling war, erhielten
      meine Eltern Obst. Ich erinnere mich noch an die Radfahrt durch
      das herbstliche Leitzachtal 1948. 
      
1949 Die Bäckerei (2. - 3. Schuljahr)
      
      Ab 1949 führten meine Eltern die Bäckerei in der Parkstraße 13
      wieder selbst. Sie  waren in der Bäckerei ständig beide
      anwesend. Ich brauchte nie einen Schlüssel, sondern lief durch die
      Ladentüre und rund im die Verkaufstheke, ebenso meine Freunde.
      Wenn wir nicht im Freien waren, spielten wir im Zimmer neben dem
      Laden. Oft beneideten mich Freunde, weil ich in der Bäckerei
      ständig Zugriff auf Schleckereien, meist altbackene Reste, hatte.
      Dabei machte ich mir nicht viel aus süßen Sachen. Meine Freunde
      aber freuten sich, wenn sie auch etwas bekamen (Reste vom Vortag),
      denn Konditorwaren oder Essen allgemein war noch kostbar.
      Die Bäckerei mit dem Laden hat mein Vater 1937 mit einer nicht
      neuen, aber der Zeit entsprechenden Ausstattung gekauft, die Räume
      aber nur gemietet.  1940 musste er in den Krieg und kam erst
      1948 aus der Gefangenschaft heim. Von 1.3.1949 bis 1.9.1957
      betrieb er die Bäckerei wieder
      
      Der Laden meiner Eltern hatte zwei Schaufenster. Das größere und
      die Ladentüre sind im abgeschrägten Eck des Hauses. Neben dem
      Laden war noch ein kleines Zimmer. Hier wohnten wir und hier
      schlief das Hausmädchen, das wir  Anfangs der
      Fünfzigerjahren  zeitweise hatten. Neben dem Zimmer 
      im  Erdgeschoss war noch eine winzige Küche mit Herd, kleinem
      Schrank und Wasserstelle, ein Wasserhahn und ein halb runder
      gusseiserner Ausguss.  
      
      Wir schliefen  in einer Zweizimmerwohnung im ersten
      Stock.  Das  eigentliche Wohnzimmer im  ersten
      Stock wurde nur  an Sonntagen beheizt und war  sonst
      praktisch unbewohnbar. Hier schlief ich erst auf einer Eck-Liege,
      dann in einem Klappbett. Daneben war das Schlafzimmer meiner
      Eltern. Diese zwei Zimmer waren nur die Hälfte einer
      Vierzimmerwohnung.  In den anderen 2 Zimmern wohnte ein altes
      Paar namens Gradl. Man ging vom Treppenhaus zuerst durch eine
      Wohnungstüre in einen finsteren Gang mit Wasserhahn und Ausguss.
      Hier musste man nochmal eine Türe aufsperren und kam in die
      Zweizimmerwohnung,  Das zweite Zimmer war vom ersten aus zu
      betreten, nicht vom Gang. Dazu  gehörte ein Klo im
      Treppenhaus, also außerhalb der Wohnung und von beiden Mietern
      gemeinsam zu benützen.
      
      Im Erdgeschoss gab es ebenfalls ein Klo über den Hausgang zu
      erreichen, das wir gemeinsam mit den benachbarten 
      Ladenbesitzern benützten.  Die Bäckerei ist in der 
Lebensgeschichte 
      meines Vaters beschrieben: 
      
      1950  war noch meine "Kurze-Hosen-Zeit." Bald darauf bekam
      ich eine Bundlederhose für alle Tage. Die Hose wurde stets
      reichlich groß angemessen, damit ich noch hinein wachsen konnte
      und ich trug sie, bis sie mir wirklich zu klein war. Die letzte
      Lederhose trug ich bis zu meinem 15. Lebensjahr.
      
      
Mein Taschengeld 
      
      Etwa so ab 10 Jahren bekam ich Taschengeld, das ich mir durch
      Arbeit in der Backstube verdienen musste. Ich denke, es waren 10
      Pfennig je Tag. Dafür musste ich nach der Schule die
      eingetrockneten Teigreste aus der Teigteilmaschine kratzen. Die 30
      Vierecke hatten 120 Ecken und 120 Flächen, die abzukratzen waren.
      Mein Vater hasste diese Arbeit wohl genauso wie ich, deshalb
      delegierte er sie.  Leichter abzukratzen war der Trog der
      Knetmaschine und der Knetarm. Wenn während dieser Arbeit schon
      meine Schulfreunde kamen, kletterte die Kinderschar  in den
      Trog zum Karussell fahren und einer drehte den Trog. Außerdem
      hatte ich die Kohlenkübel zu füllen. 
      
      In den Schulferien hatte ich die Semmel- und Bretzenkörbe von der
      Backstube in den Laden hinauf zu tragen. Dabei halfen meine
      Freunde. Wir fassten die Körbe zu zweit, einer vorne und einer
      hinten und kamen dadurch leichter durch die Türen. Meine Freunde
      wurden dafür mit Bretzen oder übrig gebliebenen Konditorsachen
      belohnt. Buben haben immer Hunger.
      
      Mein Vater arbeitete von 4 Uhr früh bis Mittag in der Bäckerei. Am
      Nachmittag war der lange finstere Kellergang mit Pfeilern und
      Nischen ein schöner Versteckplatz für mich und meine Freunde. Der
      Kohlenlagerplatz ragte über das Haus hinaus in den Hof und war mit
      einem Blechdach abgedeckt. Durch ein kleines Loch wurden die
      Kohlen hinunter geschüttet. Wenn der Kohlenhaufen hoch war,
      konnten wir durch das Loch hinunter schlüpfen. Die Bäckerei hatte
      auch eine eigene Kellertreppe in den Hof, im Sommer ein
      wettergeschützter Platz zum Spielen und Basteln
      
      Nachmittags nahm mich mein Vater manchmal auf dem Rad mit zu
      kleinen Ausflügen, wie nach Nymphenburg oder Blutenburg. Ein
      Kinderrad, um selbst zu fahren, hatte ich nicht. Als ich schon
      über 8 Jahre alt war und eigentlich nicht mehr auf dem Kindersitz
      hätte mitfahren dürfen, wurde mir eingeschärft, bei einer
      Kontrolle stets zu sagen, ich sei noch nicht 8 Jahre. Tatsächlich
      wurden wir in der Dachauer Straße einmal von einem Polizisten
      angehalten und nach meinem Alter gefragt. Nach überzeugender
      Begründung meines Vaters, dass wir die Mitfahrmöglichkeit eben
      voll ausnutzen wollten, bis ich 8 Jahre alt sei, weil ein
      Kinderrad zu teuer sei, ließ er uns weiter fahren.
      
      Die Hofeinfahrt unseres Hauses war mit einem hohen Gittertor
      verschlossen. Frau Lankes, die Hausverwalterin, wirkte in Haus und
      Hof als Zerberus. Sie war gehbehindert und lief mit einem Stock.
      Mich mochte sie recht gerne, aber fremde Kinder, also auch meinen
      Freunde, verscheuchte sie. Wenn im Hof Kinderstimmen zu hören
      waren, rumpelte sie auf ihren Balkon und schimpfte hinunter und
      fuchtelte mit ihrem Stock. Dann trollten wir uns in den nächsten
      Hof.  Damit war dieser Hof für die Kinder der Nachbarschaft
      verschlossen. Mit den Kindern der Nachbarhäuser spielten ich
      abends Verstecken und andere Gruppenspiele in den Höfen der
      anderen Häuser oder  auf der Straße. Damals gab es weder
      fahrende noch parkende Autos in der Straße, wir hatten die Straße
      für uns alleine.
      
      
Der Obstkarren und die Geschäfte in den Nachbarhäusern
      
      Im Haus schräg gegenüber wohnte im 3. Stock neben Freund Peter
        Parigger eine Familie mit Kindern. Der Vater hatte einen
        Handkarren mit einer flachen Ladefläche, darunter große Räder.
        Zum Fahren stand er zwischen zwei Handgriffen,  an denen er
        den Karren zog oder schob.  Frühmorgens fuhr er damit in
        die Großmarkthalle und kaufte einen Wagen voll Obst, Südfrüchte
        oder Gemüse, was es jahreszeitlich günstig gab. Voll beladen
        schob er seinen Karren ins Westend und stellte ihn vor sein Haus
        in der Gollierstraße. Die Leute standen Schlange, um die
        frischen Sachen zu kaufen. Offensichtlich lohnte sich Geschäft,
        denn er konnte sich bald ein Dreirad-Auto  ( es war
        eigentlich ein kleines Motorrad mit Dach) kaufen mit einem
        flachen Anhänger für die Obstkisten. Da er seinen Standplatz vor
        seinem Wohnhaus hatte, konnte ihn seine Frau beim Verkauf
        ablösen und unterstützen.
      
      In unserem Eckhaus Ecke Parkstraße-Gollierstraße waren 
        ein Tabakwaren-Laden, ein kleines Speiselokal mit Küche, 
        ein Metzgerladen, dann unsere Bäckerei am Eck, neben der
        Haustüre noch ein Schusterladen und ein Schneiderladen, aus dem
        ein  Kürschner (Pelznäher) wurde. Nur im  Speiselokal
        gab es ein Klo, alle anderen, auch wir, benützten ein Klo 
        im Hausgang, zu dem jeder einen Schlüssel hatte. 
        Schräg gegenüber (das Haus, in dem Freund Peter im 3. Stock
        wohnte) war eine Schreinerwerkstätte  im Rückgebäude , ein
        Glaser-Laden, vor der Haustüre der Obstkarren, am Eck eine
        Drogerie.  Die anderen beiden Eckhäuser waren Wirtschaften,
        daneben in der Gollierstraße war ein Elektro-Geschäft,  in
        der Parkstraße war ein Kramerladen, ein MIlchladen und ein
        "Feinkostladen", in dem es die übel riechenden Sachen wie Fisch
        und Sauerkraut gab. Alle Waren in den Läden waren unverpackt und
        wurden für die Käufer verpackt oder in mit gebrachte 
        Behälter, wie Milchkannen gefüllt.  Das Bier kaufte man im
        Hausgang neben der Wirtschaft an der "Gassenschänke".  Dazu
        brachte man den  Bierkrug mit. Die Gassenschänke war ein
        kleines Schiebefenster zum Hausgang. Wenn man klingelte, öffnete
        der Wirt das Fenster, man reichte den Krug hinein und bekam ihn
        gefüllt wieder heraus. So konnten auch Kinder zum Bier holen
        geschickt werden und brauchten nicht in die Wirtschaft zu den
        lärmenden Betrunkenen gehen. Durch das kleine Fenster entwich
        weniger Wärme aus der geheizten Wirtsstube, als wenn die Türe
        geöffnet worden wäre.  
      
      Freunde  Helmut Zandt und Peter Parigger
      
      Mit Helmut Zandt und Peter Parigger verbrachte ich die Freizeit.
      Beide wohnten in Häusern gegenüber, jeweils im 3. Stock.  Wir
      waren viel zu dritt unterwegs. 
      Peters Vater war Tierwärter bei den Eisbären im Tierpark
      Hellabrunn. Er sagte an der Tierpark-Kasse nur "ich bin dem
      Parigger sein Bub" und wir konnten kostenlos in den Tierpark.
      Helmuts Vater war Zahntechniker und machte Gebisse in einer
      kleinen Ecke seines Schlafzimmers. Meine Eltern ließen sich einmal
      von ihm Gebisse machen und waren recht zufrieden damit. 
      
      Bei den Kellerabteilen für die Wohnungen  ( in unserem Haus
      außerhalb der Bäckerei, die den halben Keller ein nahm) gab es nur
      eine einzige Lampe am unteren Ende der Treppe. Die verwinkelten
      Gänge zu den Kellerabteilen waren völlig finster und für uns gut
      zum Versteckspielen. Als wir zu dritt in einem Winkel steckten,
      rumpelte ausgerechnet die gehbehinderte  Hausverwalterin Frau
      Lankes mit ihrem Stock mit einer Kerze heran. Sie hatte ihren
      Keller gerade in diesem Gang. Wir saßen ganz still in der Ecke.
      Sie bemerkte uns trotzdem und fragte: "Ist da jemand." Da liefen
      wir los und stürmten die Kellertreppe hinauf. Einer blies ihr
      sogar die Kerze aus, so dass sie im Finstern da stand. Sie
      beschwerte sich anschließend bei meinen Eltern, dass 6 bis 12
      Buben sich im Keller versteckt hatten. Meine Eltern wussten aber
      auch, dass wir nur drei , nämlich meine Freunde Peter und Helmut
      und ich waren. 
      
      Einmal bekam Helmut ahnungslos auf dem Schulweg von einem
      Erwachsenen Schläge, weil Peter am Tag davor ein dickes 
      Mädchen getratzt (geneckt)   hatte und dessen Vater uns
      auflauerte. Peter und ich erkannten die Gefahr und rannten schnell
      genug davon. Peter hatte das Mädchen nur ausgelacht, weil es so
      dick war. Es rechtfertigte sich, es sei drüsenkrank. Peter
      darauf.- "Haha, die ist tütenkrank!" Helmut war am Vortag gar
      nicht dabei gewesen. Sein Vater wollte den Vater des Mädchens zur
      Rechenschaft ziehen. 
      Eine Sensation für uns 3 war es jedes mal, wenn in einem der
      großen Kaufhäuser vor Weihnachten eine Modelleisenbahn aufgebaut
      war. Da standen wir lange mit roten Köpfen davor. Einmal fuhr
      sogar ein Fährschiff mit dem Zug über einen echten See mit Wasser.
      Eigenartigerweise hatte ich nie den Wunsch, selbst so eine
      Modell-Eisenbahn zu besitzen. Eine eigene Modellanlage war einfach
      unerreichbar, undenkbar. Da kam der Wunsch gar nicht auf. 
      
      
Die Bastler-Modellschau
      In einem unbenutzten Schuppen des
        Ausstellungsgeländes hatte ein Arbeitsloser eine
        Bastler-Modellschau eingerichtet. Ich war sein eifrigster
        Besucher, sodass er mir bald freien Eintritt gewährte. Er hatte
        aus Gips, Holzresten und Farbe Modelle gebastelt. Sein
        Prunkstück war das raumhohe Schloss Neuschwanstein mit Umgebung.
        Ich konnte die Modelle nicht genug ansehen und registrierte
        eifrig jedes neue Werk. Die Währungsreform ließ das Unternehmen
        eingehen.
        Aufgrund dieser Anregung werkte ich auch eifrig mit Gips und
        besuchte in der 4. Klasse einen Zeichen- und Bastelkurs der
        Schule mit Eifer und Erfolg. Im Kurs entstanden Gips-Reliefs,
        Rauschgoldengel, Aquarellbilder, Kartoffelstempel und
        Bucheinbände. 
        Für einen Bastelwettbewerb aller Münchner Schulen 1950 mit
        Ausstellung baute ich ein Modell der Großhesseloher Brücke und
        Umgebung aus Gips, Pappe und Malfarbe. Ohne einen bestimmten
        Maßstab montierte ich auf einem Brett ca.  50 x 10 cm einen
        Querschnitt durch das Isartal, links und rechts die Hochufer aus
        Gips, grün bemalt, dazwischen Isar und Kanal, die Brückenpfeiler
        aus Holz, die Fahrbahn und die Stützbögen zwischen den Pfeilern
        aus Pappe. Alles mit Wasserfarbe bemalt. Gips hatten wir immer
        im Haus, wir bekamen ihm vermutlich vom Onkel Schweizer, der
        Stuckateur war.
        Mein Freund Helmut Holzheimer hatte ebenfalls die Großhesseloher
        Brücke aus Papier  geklebt und war auf mein Werk
        eifersüchtig. Gemeinsam zerstörten wir mein Werk nach der
        Ausstellung mit einem Bombenangriff, indem wir Steine darauf
        warfen. 
        Ein anderer Klassenkamerad erhielt für sein Modell des
        Chinesischen Turmes den ersten Preis, ein bewundertes und nie
        erreichtes Vorbild. Er schenkte sein Modell der Schule für das
        Lehrmittelzimmer. Dieses war ein chaotisches Raritätenkabinett
        mit Vorkriegsplunder, das wir einmal nach Schulschluss mit
        Begeisterung aufräumen durften. 
        
      
      Der Film-Projektor
      Ich hatte mein eigenes Kino. Meine Eltern kauften vermutlich von
      einem Kunden, als das neue DM-Geld rar war, einen einfachen
      gebrauchten 16-mm-Projektor samt Filmen. Es waren einige
      Zeichentrickfilme schwarz-weiß, etwa 5 m lange Streifen. Ich
      erinnere mich an eine Spule, da liefen Neger vor Löwen davon,
      nachdem sie vorher einen Weißen in einem großen Kessel kochen
      wollten. Außerdem waren es Amateurfilme,  Skispringen
      Olympiade 1936. Der Projektor hatte keinen Motor. Ich musste
      selber kurbeln und die lose ab gespulten Filme wieder aufrollen.
      Als einzig konstruktives Spiel konnte man gerissene Filme wieder
      kleben und mit dem Projektor die Filme rückwärts laufen lassen.
      Das war ganz lustig, wenn die Skispringer rückwärts auf die
      Schanze hinauf sprangen. Für fremde Kinder bot er einmal eine
      Unterhaltung, bis sie die Filme kannten. Ich kann mich nicht
      erinnern, wohin wir Gerät und Filme weitergaben. 
      
      Meine Spielsachen habe ich nicht sehr  schonend 
      behandelt. Nach der Benützung durch mich waren die Filme nicht
      mehr in gutem Zustand.
      
Trix-Baukasten
      
      Mein Cousin Hans Lauchner hatte als Kind einen großen
      Trix-Baukasten. Hans war längst erwachsen. Als ich, 5-jährig, bei
      der Tante Therese Lauchner zu Besuch, einige Teile zum Spielen
      erhielt. Ich schraubte gleich einen Wagen zusammen und wollte
      nichts mehr hergeben. Glücklich trug ich meine Beute heim. Bei
      jedem Besuch musste ich nun die Tante überzeugen, dass ich für
      meine Modelle unbedingt weitere Teile brauchte. Sie versprach mir
      den Rest, wenn ich in der Schule und mein Vater aus der
      Gefangenschaft zurück sei. Mit dem Metallbaukasten habe ich viel
      und lange gespielt. Meist baute ich nach eigenen Vorstellungen,
      nicht nach dem Anleitungsbuch. Ich hatte auch einen Elektromotor
      dazu. Für Zahnradgetriebe ist es mir aber nie gelungen, die
      Blechzahnräder exakt genug zu justieren. Bis ein Modell lief,
      waren die Batterien meist verbraucht. Einen Trafo kannte ich
      nicht, er hätte mir auch nichts genutzt, da wir im Stromnetz
      Gleichstrom hatten. 
      In den ersten Nachkriegsjahren verschwand der Baukasten vor
      Weihnachten und mein Vater baute nächtelang jeweils ein größeres
      Modell nach dem Anleitungsbuch: Einmal ein Kettenkarussell, ein
      andermal eine Dampflok mit vielen Rädern und Gestänge. Das war
      dann mein Weihnachtsgeschenk. Außer Zerlegen konnte ich kaum etwas
      damit anfangen.  Im Laufe der Jahre wurden die Baukastenteile
      immer weniger. Viele Schrauben und Muttern verschwanden in den
      Ritzen der Fußbodenbretter, wo ich sie bei Bedarf wieder heraus
      kratzte. Der Trix-Metallbaukasten war mein vielseitigstes und
      konstruktivstes Spielzeug.
      Schrauben für die Verlorenen nach zu kaufen, kam niemand in den
      Sinn. Es hätte auch wenig genützt, denn es waren keine
      handelsüblichen metrischen Gewinde, sondern solche nach alter
      amerikanischer  Zoll-Norm.  
      
      Einige wenige Teile blieben zuletzt übrig. Das meiste wurde
      zerspielt, verloren, fiel dem Hausputz zum Opfer..
      
 
      
      Spielzeug 
      Im Vergleich zu den Kindern jetzt hatte ich
        wenig perfektes Spielzeug. Das war aber kein Mangel, denn
        Ersatzmaterial fand ich überall: Aus Plastilin formte ich
        Figuren für die Eisenbahn und andere Spiele. Es störte niemand,
        dass das Plastilin immer schmutziger und härter wurde. Ständig
        schleppten wir Zweige und ähnliches Bastelmaterial heim. Das
        Verpackungsmaterial aus dem Laden war begehrt. Eine Zeit lang
        baute ich Schusserbahnen in Pappschachteln nach dem Vorbild der
        Achterbahnen. Der oben eingesteckte Schusser kam irgendwo aus
        einem Loch heraus, lief eine Kurve oder hüpfte über eine
        Sprungschanze und verschwand wieder in der Schachtel. Die vielen
        Bastelsachen wurden bald wieder weg geworfen.
        
        Vermutlich von Bäckerei-Kunden erhielt ich immer wieder buntes
        Blechspielzeug zum Aufziehen, das meinen Eltern gegen Brot
        vertauscht wurde. Es stammte wohl von Leuten, die ihre Söhne im
        Krieg verloren hatten und sich nun in den Nachkriegsjahren vom
        aufgehobenen Spielzeug getrennt haben.  Bei mir hielt
        dieses Blechspielzeug immer nur kurze Zeit. Wenn es nicht mehr
        funktionierte, versuchte ich es zu reparieren und habe es dabei
        ganz zerstört. Meine Eltern haben es dann ohne Bedauern weg
        geworfen. In gutem Zustand sind diese Spielsachen heute sehr
        gesucht. 
      
      
      Spielplatz Straße
      Alle Nachbarskinder kamen gegen Abend auf die Straße. Die
        Parkstraße hatte "Kleinstadt-Pflaster" mit kleinen Steinen in
        Bögen verlegt. Die Gollierstraße hatte als Durchgangsstraße
        "Großstadtpflaster" mit großen Steinen, die kleine so glatte
        Oberfläche ergaben. Wenn da einmal ein Auto fuhr, schauten wir
        schon nach und versuchten das Fabrikat zu bestimmen.
      
      Parkende Autos gab es 1950 in beiden Straßen noch nicht. Wir
        Kinder hatten die ganze Straße für uns, zum Fangermandl oder
        Versteck-Spielen. Die Hof-Einfahrt unseres Hauses war mit einem
        hohen Gitter abgesperrt. In diesen Hof durften wir nicht, denn
        da hat die Hausmeisterin gleich vom Balkon herunter geschimpft.
      
      Kinderspielplätze mit Geräten kannten wir nicht. Die Straße,
        die Theresienwiese und der Ausstellungspark waren unsere
        Spielplätze.
      
      Viele Kinder hatten damals keinen Vater, denn die Väter waren
        im Krieg umgekommen.  Mein Vater kam ja auch erst 1948 aus
        der Gefangenschaft heim.
        Die Mutter des Schulkameraden Helmut Berger im Nachbarhaus war
        Straßenbahn-Schaffnerin. Als ich mit Helmut einmal an der Isar
        beim Isartalbahnhof zum Spielen war, sagte Helmut: Meine Mutter
        fährt heute auf der 10er. Die Linie 10 fuhr vom Isartalbahnhof
        ins Westend. Tatsächlich war sie in der nächsten Bahn im
        Anhänger. Da liefen wir gleich hin. Als eine Kontrolle kam,
        sagte die Frau, das sind meine Kinder und dann war es in
        Ordnung. Als wir zum Sendlinger Torplatz kamen, sagte sie, ich
        habe zu wenig Fahrscheine mit genommen. Lauft vom Sendlinger
        Tor-Platz schnell heim und Helmut sollte ihr Fahrscheine von der
        Wohnung  zur Haltestelle Ausstellungspark bringen. 
        Das hat auch geklappt. Bis die Tram über Stachus und Bahnhof ins
        Westend kam, hat Helmut ihr die Fahrscheine zur nächsten
        Haltestelle gebracht.  
      
      Das Nachbarhaus gehörte einem Taxi-Unternehmer. Im Hof waren
        einige Garagen und eine Werkstätte. Die Eigentümer-Familie
        wohnte im 2. Stock und hatte eine Tochter in unserem Alter. Das
        Mädchen kam nicht zu uns auf die Straße, denn es hatte
        Kinderlähmung (Polio) und konnte nicht laufen. Einmal wurde ich
        aufgefordert, in den 2. Stock zu gehen um mit dem Mädchen zu
        spielen, scheinbar weil ich ein ruhiges Kind war.  Das war
        aber kein großer Erfolg, denn es blieb bei einem Besuch. 
        Mit den Puppen des Mädchens konnte ich nichts anfangen. Beim
        Klassentreffen mit 40 Jahren sprach mich eine Frau an. Es war
        das Mädchen. Sie hat einen Klassenkameraden, Fuhrunternehmersohn
        aus der Tulbeckstraße geheiratet. So kam das Taxi-Unternehmen
        mit dem Fuhrunternehmen zusammen.  Das Mädchen hat sich an
        mich erinnert. Ich hätte sie nicht erkannt. Jetzt ist mir
        aufgefallen, dass alle mir bekannten Kinderlähmungs-Fälle Kinder
        aus "besseren" Häusern betrafen, die schon immer ein Klo mit
        Wasserspülung hatten. Hier kam es wohl zu den Polio-Infektionen,
        während wir noch jeder seinen eigenen Nachttopf benützten. Durch
        die Schutzimpfung gibt es keine Polio-Erkrankungen mehr.. 
      
      Manchmal fuhr ein Feuerwehr-Zug durch die Gollierstraße. Dann hieß
      es, bei Metzler (Gummireifen-Fabrik) brennt es. Da sind wir gleich
      hinter her gelaufen. Einmal brannte das vierstöckige Fabrikgebäude
      lichterloh. Aus dem Erdgeschoß kamen die Flammen bis zum Dach.
      Metzler hatte keinen Bahngleis-Anschluss. Regelmäßig wurden
      Güterwagen, meist Tankwagen auf einem Tieflader-Lkw Culemeyer
      durch die Gollierstraße gezogen.
      
      
Ferienwoche Freising bei Oma 
      Unsere zwischen 1949 und 1962  häufigen sonntäglichen
        Besuche in Freising liefen stets nach dem gleichen Ritual ab:
        Nach der Ankunft vom Bahnhof sagten wir Oma kurz Grüß Gott und
        gingen in die Schulmesse, während Oma, die täglich die Frühmesse
        besuchte, den Schweinsbraten kochte. Dazu gab es immer
        Teigknödel und grünen oder Gurkensalat. Da Oma nur 2 Stühle
        hatte, wurde der Tisch vor das Sofa geschoben. Kurz vor dem
        Essen musste ich noch  mit dem Maßkrug zum Hacklbräu in die
        Hauptstraße gehen und dort an der Gassenschänke, einem
        Schiebefenster zur Tordurchfahrt, 3 Quartel Bier (0,75
        Liter)  holen. Man war der Meinung, dass der Wirt  bei
        1 Liter auch nicht mehr in den Krug füllt, denn der Rest bis zum
        oberen Krugrand war Schaum. Unterwegs trank ich dann einen
        Schluck und füllte am Wasserhahn hinter der Haustüre etwas
        Wasser nach, wie es mein Vater aus seiner Jugend erzählt hatte.
        Alle freuten sich, dass der Wirt so gut eingeschenkt hatte und
        nach dem stehend gesprochenen Tischgebet konnte gegessen werden.
         Beim Tischgebet staunte ich immer, wie schnell die
        Erwachsenen, vor allem meine Oma, diesen Text sagen konnten. Ich
        verstand sowieso kaum ein Wort, da sie ganze Sätze zu einem Wort
        zusammen zogen. "WirdankendirHerrfürSpeisundTrank..." 
        Nur wenn Oma Luft holen musste, fiel mein Vater in den Singsang
        ein. Meine Mutter und ich blieben fast stumm. Sonst sprach meine
        Oma aber recht langsam und bedächtig.
      Meine Großmutter wohnte im einfach ausgebautem Dachgeschoss eines
      Rückgebäudes, dessen Erdgeschoss ursprünglich Waschhaus und Stall
      war. Hinauf kam man über eine außen angebaute hölzerne Treppe, die
      mit Brettern zu einem Gang verschlossen  und außen mit
      gestrichenem Blech beschlagen war.  
      
      Der kleine Raum über dem Waschhaus war die  Wohnküche. Darin
      stand unter dem Fenster ein Regal für Töpfe und Schüsseln, über
      Eck dazu der Kochofen ohne Wassergrandl.  Dann kam die Türe
      ins Schlafzimmer, danach stand ein Küchenschrank mit dem Geschirr
      und an der Rückwand noch ein Kanapee, ein Liegemöbel, das
      ursprünglich mit Leder bezogen war. Über dem Kanapee hing ein
      Regulator, eine Uhr mit Pendel in einem  gedrechselten
      Glasgehäuse. Gegenüber dem Küchenschrank hatte gerade noch ein
      Tisch mit 2 einfachen massiven  Holzstühlen Platz bis zum
      Eingangstüre. 
      
      Das Schlafzimmer war etwas größer und hatte zwei Fenster im Giebel
      nach Westen. Die beiden Betten waren links und rechts an die Wand
      unter die Dachschräge gerückt. Eine Komode stand dazwischen an der
      Fensterwand. An der Rückwand standen links der Türe ein
      Kleiderschrank und rechts ein Schrank mit Glastüren. Darin waren
      die Bücher meines Vaters aus seiner Ledigenzeit. Als Großmutter
      etwa 80 Jahre alt war, verlangte sie, dass wir die Bücher mit
      nehmen. Den Rest und den Schrank wollte sie verheizen. Alle Möbel
      waren einheitlich mit brauner Farbe gestrichen.
      
      1951 und 1952 verbrachte ich je 1 oder 2 Ferienwochen in Freising.
      Das waren anstrengende Wochen für die Oma, denn ich wollte alle
      Winkel der Altstadt kennen lernen. Die Kleinstadt-Idylle mit
      Gärten, Bächen und Kirchen war mir neu. Ich kannte ja nur die
      Häuserblocks der Münchner Vorstadt.  Die Oma zeigte mir bei
      schönem Wetter alle Freisinger Sehenswürdigkeiten. Beeindruckt hat
      mich die Fischergasse mit dem Bach neben der Straße und das
      Korbinansbrünnl unter dem Weihenstephaner Berg. Dort musste man
      die Augen waschen. Dafür war das Wasser gut.
      Großmutter saß  am Abend stets mit den anderen Hausbewohnern
      auf einer einfachen Bank ohne Lehne an der warmen Westwand des
      Vorderhauses in der Abendsonne. Das Gespräch ging dabei fast immer
      über die Pfarrer bzw. Geistlichen Herren, von denen es damals in
      Freising noch genug gab. Ob sie schön, kurz oder zu lang gepredigt
      hatten und ähnliches.
      Ich verstand als Kind nicht, was an den Pfarrern so interessant
      war, dass man sich über ihre Person so lange unterhalten konnte.
      Das ganze Leben im Jahreslauf wurde von den kirchlichen
      Veranstaltungen geprägt.
      Als ich im Sommer 1953 wieder zu Oma wollte, lehnte sie ab. Ich
      war ihr zu anstrengend. Oma war da 75 Jahre alt und ich 12 Jahre.
      
      Großmutters Wohnung enthielt außer dem Kohleherd, 2 Glühbirnen mit
      Schalter und einer Steckdose keinerlei Installationen. Die völlig
      fehlende Wasserinstallation vermisste ich nicht, denn zu hause
      hatten wir es ja auch nicht anders. Zum Klo stieg man die
      Außentreppe hinunter und ging über den Hof. In den 50-er Jahren
      wurde aus dem Plumpsklo ein Wasserklo. Die Versitzgrube hat aber
      noch genauso gestunken. 
      
      Das Wasser holte die Großmutter im Kübel vom Wasserhahn neben der
      Straßentüre des Vorderhauses. Das Spül- und Waschwasser kippte sie
      wohl aus dem Fenster in den Garten, Um 1960 bekam sie dann einen
      Wasserhahn in der Küche, wurde aber nicht froh damit, da die frei
      durch die Luft über den Hof verlegte Leitung beim ersten Frost
      eingefroren und geplatzt  ist. 
      
Ergänzung Juli 2019
      
      Die Ferienwochen bei der Großmutter in Freising sind immer noch
        eine angenehme Erinnerung.
      
      Der Bahnhof Freising war bei unseren ersten Besuchen noch eine
        Ruine. Bei jedem Besuch bemerkten wir den Baufortschritt. Auf
        einem stumpfen Nebengleis  stand bei unserer Ankunft
        abfahrbereit  das Holledauer Bockerl. Nach meiner
        Erinnerung und heutiger Kenntnis würde ich die Lok als Köf-Typ
        bezeichnen mit einem Personenwagen. 
      
      Als Weg zur Oma hatten wir zwei Möglichkeiten: 
        Westlich am Domberg vorbei durch die Altstadt war weiter, aber
        interessanter.
      
      Der andere Weg östlich vom Domberg lief erst eintönig am
        Bahndamm entlang und dann durch die Heiliggeist-Gasse.  Zu
        sehen gab es hier nur den Mühlbach, der unter einem Haus
        hervorquoll und gleich wieder unter der Straße verschwand. 
      
      Der karge Haushalt der Oma ist bereits  beschrieben. Dass
        sie keinerlei Wasserinstallation in der Wohnung hatte,
        verwunderte mich als Kind nicht. Zuhause hatten wir es ja auch
        kein Klo in der Wohnung. Nachts wurde selbstverständlich das
        "Haferl" benützt, das unter dem Bett stand.  Wie die Oma
        das Haferl entleerte, weiß ich nicht. Vermutlich hat sie den
        Topf in einen unbeobachteten Moment aus dem Fenster in den
        Garten hinter dem Haus  gekippt. Die Wohnung lag ja im 1.
        Stock und das Schlafzimmer hatte Fenster auf der
        Gartenseite.  
      
      Vor der Eingangstüre oberhalb der Treppe stand in einer Nische
        ein kleines Werkzeugregal. Das war mein Spielplatz. Da habe ich
        irgend etwas gebastelt, gehämmert oder gebohrt.
        Nach den Ferien wollte und durfte ich einiges von dem Werkzeug
        mit nehmen. Mein Vater hatte ja keinerlei Werkzeug. Aber bei
        einigen Sachen protestierte Oma, denn dieses Werkzeug brauchte
        sie noch, etwa zum Brennholz machen. 
      
      Am Bichl und in der Freisinger Altstadt waren sie Häuser eng
        zusammen gebaut, verschachtelt.  Das bedrückte mich nicht,
        sondern ich fand es romantisch. Im Vergleich zu unserer Wohnung
        im Westend waren die Häuser nur ein-  und nicht dreistöckig
        und hinter der Häuserzeile waren Gärten.
      
      Sicher hat mich die Oma nicht nur  in die Fischergasse und
      nach Weihenstephan geführt, sondern auch hinauf in den Dom. Aber
      nur Fischergasse mit dem Bach neben der Straße  und
      Korbiniansbrünnl sind in der  Erinnerung geblieben. 
      
1951  Ende der 4. Klasse
       
      In den ersten 4 Klassen der Volksschule war ich ein unauffälliger
      Schüler. Der Lehrer in der 3.- 4. Klasse mochte mich wohl gerne.
      Als ich die Idee hatte, ein Weihnachts-Krippenspiel aufzuführen,
      ließ er mich gewähren. Nach der Schule übte ich mit anderen dafür.
      Es wurde aber nichts daraus. 
      
      Im Schulzimmer gab es einen Sandkasten, in dem der Lehrer
      Landschaften für den Heimatkunde-Unterricht gestaltete, zum
      Beispiel die Stadtgründung von München. Aus Kreidestücken schnitt
      er Häuser und Türme. 
      Bei Klassenwanderungen in der Stadt hatte er eine weiße Joppe wie
      ein Verkehrspolizist an und hielt damit den Verkehr auf, damit die
      Klasse über die Straße gehen konnte. 
      
       Als nach der 4. Klasse die besseren  Schüler ans
      Gymnasium übertraten, empfahl mir  der Lehrer (1951) das
      Gymnasium. Ich erwiderte, dass ich als künftiger Bäcker keine
      Oberschule brauche.   Aus heutiger Sicht (2016) denke
      ich, dass ich durch einen Oberschulbesuch weder erfolgreicher,
      noch glücklicher geworden wäre.  Meine Eltern hätten mir nach
      Aufgabe der Bäckerei (bereits 1957) kein Studium finanzieren
      können und waren ganz froh, dass ich ab 1955 schon etwas Geld
      verdiente und sie keine Sorgen wegen meiner Zukunft haben mussten.
      
      In die Oberschule wechselten nur Beamtenkinder, die alle in
      Genossenschafts-Blöcken beim Gollierplatz wohnten. Manche davon
      hatten sogar eine Modelleisenbahn. Mit einem der Oberschüler,
      Helmut Holzheimer, war ich noch lange befreundet und holte ihn
      auch am Nachmittag von seiner Schule ab, dem
      Kaiser-Ludwig-Gymnasium. 
      
      Der Lehrer in der 3./4. Klasse und der in der 6./7. Klasse
      prügelte viel, aber nur bestimmte Schüler, eben die Prügelknaben.
      Beide Lehrer bekamen dabei einen hochroten Kopf. Der Lehrer in der
      4. Klasse stellte sich dann hinter die Schultafel, bis er sich
      wieder beruhigt hatte. Im neuen Schulhaus Bergmannschule ging das
      nicht mehr, denn die Tafeln waren an der Wand befestigt und nicht
      freistehend auf Stellagen. 
      
Religionsunterricht
       
       
      Den Religionsunterricht als Vorbereitung zur Erstkommunion hielt
      der Stadtpfarrer, der Herr "Geistliche Rat" Widmann  von der
      Ruppertkirche selbst. Er überragte in der Kirche seine Gemeinde um
      Kopflänge, war also nicht nur für uns Kinder ein Riese. Außerdem
      war er sehr korpulent. In der Schule und in der Kirche lernten wir
      vieles auswendig. Zum Beispiel bei der Erstkommunion: "Widersagt
      ihr dem bösen Geiste?" Die Worte widersagt und Geist kamen in
      unserem Sprachschatz nicht vor. Da konnte ich und genauso die
      anderen sich nichts darunter vorstellen. Trotzdem riefen alle im
      Chor: "Wir widersagen". Die Texte der Messe, selbst die
      lateinischen, prägten sich durch vielfache Wiederholung ein, ohne
      jemals Sinn und Inhalt zu bekommen. Falls einmal ein
      Religionslehrer versucht hat, uns den Inhalt zu erläutern, war es
      für uns unverständlich. Ich kann mich jedenfalls nicht daran
      erinnern. Religion kann für manche Leute durchaus Inhalt bis zur
      Ekstase haben. Was jedoch der "Geistliche Rat" vorführte, war
      Leerlauf einer Zeremonie mit zusätzlichem Psychoterror. Der
      Geistliche Rat war nicht einmal scheinheilig. Er hat nach meiner
      Erinnerung auch kein Kind geschlagen .  
      
      Bei der Kindermesse führte der Geistliche Rat selbst Regie. Die
      Kinder hatten nach Klassen reserviert die vordersten 
      Bankreihen. Wenn der Geistliche Rat ein Schulkind hinten zwischen
      den Erwachsenen entdeckte, pflügte er wie ein Eisbrecher durch die
      Menge und lotste das Kind in die vorderen Bankreihen. Die
      anwesenden Kinder hakte er scheinbar im Gedächtnis in einer Liste
      ab, denn in der Religionsstunde am Montag fragte er alle fehlenden
      einzeln und genau, warum sie nicht in der Sonntagsmesse waren. Ich
      hatte da keine Probleme, denn meine Eltern gingen gewohnheitsmäßig
      in die Schulmesse und ich ging eben mit. Bei einem Ausflug konnte
      ich angeben, wo ich die Kirche besucht hatte. Das war eine
      vollwertige Ausrede. 
      Der Geistliche Rat hatte Sinn und Geschick für Zeremonien und
      Effekte.  Für uns Kinder und auch die Erwachsenen war es ein
      großes Vergnügen, wenn eine Zeremonie nicht klappte, weil etwa ein
      junger Aushilfspfarrer nicht richtig spurte. Da quoll der Riese
      sichtbar vor Zorn auf. Dann machte er mit seiner gewaltigen Stimme
      auch der Orgel Konkurrenz, um beispielsweise ein Lied an zu
      stimmen. Die Ruppertkirche war sehr weiträumig und hatte eine
      schlechte Akustik, da musste ein Pfarrer schon eine kräftige
      Stimme haben. Für die Maiandacht hatte er einen besonderen Gag.
      Zum Ende wurde es bereits dunkel, da wurden die Lichter
      ausgeschaltet und der Geistliche Rat persönlich projizierte ein
      Dia eines Marienbildes von der Orgelempore aus auf eine Leinwand
      zwischen die Altarsäulen. Die Projektionsleinwand rollte vorher
      lautlos automatisch ab. Lichtbildervorträge und Farbbilder gab es
      in der Schule erst in den folgenden Jahren. Da war der Pfarrer
      seiner Zeit voraus. 
      Für die  Erstkommunion  übten wir, wie wir im
      Gänsemarsch in der Kirche herum laufen sollten. Weitere
      Erinnerungen von diesem Ereignis weiß ich nicht zu berichten. Es
      ist ein typisches Fotoereignis. Der Geistliche Rat war ganz
      entsetzt, dass ich als einziger das Gruppenfoto der
      Kommunionkinder nicht bestellte. Ich konnte mir nicht vorstellen,
      was ich damit anfangen sollte. 
      
Floßfahrt von Tölz nach München
      
      In der Erinnerung eingeprägt ist eine Floßfahrt von Tölz nach
      München mit dem Bäcker-Fachverein. 
      Die Wildwasserstrecke von Tölz bis Wolfratshausen wurde damals
      noch von den Flößen befahren, denn es gab den Sylvenstein-Damm
      noch nicht, der jetzt  die Hochwasser im Frühjahr zurück
      hält.  Die Flößer hatten Mühe ihre Fahrzeuge über die
      Kiesbänke zu steuern. Nach Wolfratshausen beeindruckten mich die
      Steilufer mit den Burgen und Kirchen. Ich sah hier
      Märchenbuch-Bilder verwirklicht.
      
        
      
Eine Floßfahrt, die ist lustig, eine Floßfahrt, die ist fein,
        drum fahr ich am Sonntag auf der Isar
        mit dem Bäcker-Fachverein.
        
      Das hat einer auf die Anmeldekarte gedichtet und ich habe das
      Verserl am Montag in der Schule vorgetragen.
      
      Zum Spitzungsee fuhr man damals noch mit der Kabinenbahn hinauf.
      Mit dem Sessellift zum Stümpfling getraute ich mich nicht zu
      fahren, so dass mein Vater die bereits gelösten Fahrkarten zurück
      geben musste. 
       Die Dampferfahrt auf dem Starnberger See war auch ein
      beliebter Sonntags- oder Ferien-Ausflug. Einmal war nach dem
      Verkauf das Schloß Höhenried bei Bernried samt Park öffentlich
      zugänglich und zu besichtigen. 
      
      
Feriengast Cousine Irmi Buchta
      Mit der 3 Jahre älteren Irmi bin ich 1943 bis 1946 zusammen in
        Hattenhofen aufgewachsen. 1946 ist Irmi wieder mit ihrer Mutter
        nach Bayreuth gezogen. 1951 kam sie eine Ferienwoche zu mir nach
        München.  Es müssen die Pfingstferien gewesen sein, denn
        ich war noch in der 4. Klasse. Irmi war 13 Jahre alt und fuhr
        alleine mit Kinderfahrkarte von Bayreuth nach München. Es war
        damals noch möglich, dass ein unbegleitetes Kind mit dem Zug
        fuhr. Die Schaffner haben sich um das Kind gekümmert. Irmi
        musste zweimal umsteigen. In München holten wir sie am Bahnhof
        ab. Die Fahrt wurde mit Postkarten vereinbart, denn Telefon
        kannten wir noch nicht. Wir hätten das Mädchen  nach 5
        Jahren nicht mehr erkannt, aber sie erkannte meine Mutter. Am
        Wochenende startete unsere erste Bergtour. Es war meine
        erste  bewusst erlebte Bergtour. 
      
      Ich denke, dass wir vom Isartalbahnhof (den gibt es nicht mehr)
      mit der Isartalbahn über Wolfratshausen und Bichl nach Kochel
      gefahren sind.  Diese Bahnstrecke ist längst in Vergessenheit
      geraten und nicht einmal  Spuren davon sind erhalten. Diese
      Strecke war kürzer als die heutige über Tutzing. Da der Preis nach
      Kilometer gerechnet wurde, fuhren wir so. Zum Isartalbahnhof fuhr
      unsere Trambahnlinie 10 vom Westend aus ohne Umsteigen.
      Mit dem Bus fuhren wir auf  den Kesselberg. 
      Die Zugfahrt, Aufstieg durch die Wad- und Almregion, der
      Gipfelanstieg durch die Latschen, der Tiefblick vom Gipfel und das
      Gewitter beim Abstieg sind in der Erinnerung eingeprägt und durch
      gelungene Fotos gefestigt. Es gab noch keine Seilbahn auf den
      Herzogstand. Wir gingen vom  Kesselberg-Sattel auf dem
      Fahrweg hinauf.
      Nach den Ferien erzählte ich begeistert davon in der Schule. Es
      war noch in der 4. Klasse, könnte in den Pfingstferien gewesen
      sein.  Viele spätere Bergtouren sind in der Erinnerung
      verblasst. Wenige haben mich so nachhaltig beeindruckt wie diese
      kleine Wanderung.
      
      Die Rückfahrt nach Bayreuth musste Irmi wieder alleine schaffen.
      Einmal (wahrscheinlich in Schnabelwaid) hat sie übersehen, dass
      sie umsteigen musste und kam an einen falschen Ort (
      Kirchenlaibach ?)  Als die Eisenbahner das Kind bemerkten,
      fuhr an diesem Tag kein Personen-Zug mehr von Kirchenlaibach nach
      Bayreuth. Deshalb wurde sie auf einem Güterzug auf der Lokomotive
      mitgenommen.  Sie hat uns das dann in einem Brief geschildert
      und ich habe mir diese Sensation gemerkt. In Bayreuth hat sie den
      Weg vom Bahnhof zur Wohnung dann selbst gefunden. Heute (2023)
      wäre so etwas undenkbar.
      
      Die Bergwanderungen der Jahre 1951 - 1953 lassen sich nicht genau
      datieren, da keine Notizen darüber existieren.  Wir sind in
      diesen Jahren an vielen Sonntagen los gefahren. Mein Vater wollte
      nachholen, was er in den Kriegsjahren versäumt hatte. Ich und
      meine Feriengäste profitierten davon.
      
      
1952 Ferien bei Traudl in Oberschweinbach 
      Wir fuhren oft zu Verwandtenbesuchen aufs Land. Am liebsten von
      all den zahlreichen Onkeln und Tanten besuchten wir Onkel
      Michel  Heiß und seine Familie in Oberschweinbach bei
      Nannhofen. Traudl ist meine einzige gleich alte Cousine, deshalb
      verstand ich mich mit ihr besser als mit den anderen, die viel
      älter als ich waren. Das Behelfshaus hatte Tante Fanny noch
      während des Krieges gebaut. Nach dem Krieg vergrößerte Michel es
      laufend. Jedes mal, wenn wir wieder zu Besuch kamen, war das Haus
      etwas größer geworden.
      
      Hier gab es einen Garten zum Spielen und zum Naschen von Früchten.
      Nur bei der Geiß hielten wir respektvoll Abstand. Die Ferienwochen
      1951 bis 1954 bei Traudl waren für mich der Inbegriff des Sommers.
      Im Münchener Westend gab es keine reifenden Getreidefelder und
      keine blühenden Wiesen wie in Oberschweinbach. Hier war das
      Häuschen mit Garten in einer ehemaligen Kiesgrube. Auf einem
      steilen Weglein erstieg man den Kiesgrubenrand und war in den
      Feldern. Am Feld entlang liefen wir einige Meter zum Waldrand mit
      einem Bankerl. Hier malte ich das Panorama mit Wasserfarben 
      Das Bild erschien mir gut gelungen. Es ist natürlich nicht
      erhalten.
      Alle Menschen gingen noch zu Fuß und nahmen den kürzesten Weg zu
      ihrem Ziel. Deshalb gab es überall kleine Wege, auch durch fremde
      Gärten und an Feldrändern. Die Gartenzäune waren nur für Hühner
      und andere Tiere. Wir konnten überall durch gehen. Da es Sommer
      war, waren wir stets im Freien. Nur zum Essen und Schlafen waren
      wir im Haus, ebenso wie die Erwachsenen, die im Freien Arbeit
      hatten.
      Es gab noch keine Mähdrescher. Getreide wurde mit dem Stroh
      geerntet:  die Halme gemäht, in Garben gebündelt und zu
      "Manderl" aufgestellt. Einige Tage getrocknet, wurden die Garben
      in den Hof gefahren.  So bald ein Feld abgeräumt war, wurden
      wir Kinder der armen Leute, die kein Getreidefeld hatten, hin
      geschickt, um die liegen gebliebenen Halme mit den Ähren zu
      sammeln. "Ähern" nannte man das. Jedes Kind brachte einen Arm voll
      als  Hühnerfutter heim.
      Mit einem Leiterwagen wurden wir Kinder zu einem
      Limonaden-Hersteller geschickt um einige Kisten Limo zu holen.
      
      Ich sammelte Blumen, presste sie in Büchern und versuchte, sie mit
      dem Pflanzenkundebuch zu bestimmen. Traudl führte mir die
      Sehenswürdigkeiten der Umgebung vor, die Klosterkirche Spielberg,
      das Dorf Günzlhofen, den Vermessungsturm. Auf den Vermessungsturm
      sind Traudl und ich wirklich hinauf gestiegen.
      Dazu liefen wir weite Strecken durch Feld und Wald. 
      In den folgenden 2 Wochen kam Traudl zu mir nach München und ließ
      sich die Stadt zeigen: Frauenkirche, Petersturm, Tierpark. Die
      kinderlose Tante Kathi Schweizer hat uns herum geführt.. Meine
      Eltern hätten dafür keine Zeit gehabt, denn sie betrieben ja die
      Bäckerei. 
      
Linderhof 
      
      Die Fotoserie beweist, dass wir beim Ferienausflug mit Traudl nach
      Linderhof und in die Partnachklamm kamen. An Einzelheiten erinnere
      ich mich nicht mehr. Nur über die Oberammergauer Lokalbahn
      mokierte ich mich. Sie startete in einem eigenen Bahnhof etwas
      oberhalb des Murnauer Bahnhofs. Dann hielt sie alle paar Meter.
      Nach den Haltestellen Berggeist und Jägerhaus meinte ich, jetzt
      kommt die Haltestelle Millikübel (Milchkübel Abtransport zur
      Molkerei.)
      
Die Blecheisenbahn 
      
      An Weihnachten 1951 erhielt ich eine Blecheisenbahn zum
      Aufziehen.  Die Eisenbahn  war ein Vorkriegsmodell,
      vermutlich Fleischmann Spur 0, heute eine Antiquität. Allerdings
      wäre der Wert wohl gering, denn es war sicher nur eine
      "Anfangs-Packung". Dazu wurden dann Gleise und Zubehör, wie
      Schranke und Signal gekauft.  Die ganze Holzkiste voll hat
      vermutlich jemand, als das Geld nach der Währungsreform knapp war,
      gegen Brot an meine Eltern verkauft. Wir haben nichts dazu
      gekauft.  Es war eine Menge Gleise und Weichen, 1 Lok,
      mehrere Wägen zum Beladen, Gebäude, Schranke und Signal. Alles
      war, wie üblich, aus bedrucktem Blech, das durch umgebogene
      Laschen verbunden war. Ich erfand immer neue Gleispläne. Auch die
      Freunde spielten mit Begeisterung mit. Durch den unebenen Ast
      reichen Dielenboden wurden die Gleise immer mehr verbogen.
      Verlorene Gleisverbindungsstifte ersetzte ich durch Nägel und bog
      ausgeleiertes Blech mit der Zange zurecht. Etwa als ich 13 Jahre
      alt war, hat jemand von den Freunden die Feder der Lok überdreht.
      Darauf ließ er den Schlüssel verschwinden und schob die Lok in die
      hinterste Ecke unter dem Bett. Da verlor ich auch die Lust an der
      Eisenbahn und meine Eltern  gaben  den Rest an die
      Verwandtschaft, meinen jüngeren Cousin Herbert Buchta in Bayreuth.
      Nur ein Klassenkamerad (Norbert Winterstetter) hatte eine
      elektrische Eisenbahn. Sein Vater war Beamter. Da wir im Netz
      Gleichstrom hatten, musste der Strom erst mit einem mechanischen
      Zerhacker in Wechselstrom umgeformt werden, bevor er für die
      Eisenbahn transformiert werden konnte. 
      
      
1951  5. Schulklasse
      Bis zur 4. Klasse waren wir als Bergmann-Schüler in der
      Ridlerschule, weil die Bergmannschule noch von Bomben zerstört
      war. 1952 war die Bergmannschule  innen neu ausgebaut und wir
      konnten in ein neues Schulhaus einziehen. Hier waren modernere
      Möbel. Nicht mehr die alten fest montierten Schulbänke mit den
      schrägen Tischen. Immer zwei Kinder hatten einen Tisch mit zwei
      einfachen Drehstühlen. 
      Da die 5. Bubenklasse zu klein geworden ist, wurde mit den Mädchen
      eine 5. Klasse gebildet.  Zwei Tischreihen waren die Mädchen,
      eine Tischreihe waren wir Buben. Die Mädchen waren mehr, denn sie
      wechselten nicht in die Oberschule.  Als Lehrer hatten wir 2
      Monate Georg Kronawitter, den späteren Münchner Oberbürgermeister.
      Er war in der Klasse sehr beliebt, weil er nach der Schule noch
      mit zum Fußballspielen ging. Klassenkameraden meinten Jahrzehnte
      später, als Lehrer habe er mehr Talent gehabt als als
      Bürgermeister. Mit einer anderen Lehrerin zogen wir dann um in die
      neu aufgebaute Bergmannschule. . 
      Wir bekamen eine junge Lehrerin. Für diese war ich der
      Vorzugs-Schüler.  "Herzibobberl" sagte man damals dazu. Sie
      gab mir sogar das Lehrerbuch, damit ich voraus lernen konnte.
      Eine Klassenkameradin der 5. Klasse erzählte beim Klassentreffen,
      dass ich als einziger in der Klasse die Aufgabe löste, wie viele
      Knöpfe man für eine Jacke braucht. An der 50 cm langen Jacke
      sollten alle 10 cm Knöpfe sein. Dazu benötigt man nicht 5, sondern
      6 Knöpfe, denn zu der Null auf dem Maßband kommt auch ein Knopf. 
      
Die Katzen 
       In der Bäckerei gab es Mäuse. Deshalb hatten wir
      nacheinander 3 Katzen. Sie wohnten nachts in der Backstube. Die
      erste starb an einer Krankheit. Ihren Tod wählte ich in der 5.
      Klasse als Aufsatzthema. Da die Katze sehr reinlich war, schleppte
      sie sich schwer krank von der Backstube noch zum Kohlenhaufen,
      erbrach sich dort und starb daneben. Wir fanden sie am Morgen tot.
      Ich schilderte das anschaulich.
      Die Lehrerin las den Aufsatz vor und die ganze Klasse weinte.
      Nachdem dieser Aufsatz so ein Erfolg war, schrieb ich bei der
      nächsten Aufsatz-Aufgabe wieder eine Katzen-Geschichte, bis die
      Lehrerin sagte:  Nicht schon wieder eine Katzen-Geschichte.
      
      Die andere Katze beschränkte sich nicht auf die Backstube als
      Revier, sondern kannte sich im ganzen vierstöckigen Haus aus. In
      den Ferien kam sie am Morgen zu mir ins Bett, wenn die Erwachsenen
      alle aufgestanden waren. In der benachbarten Wohnung war da meist
      die Gangtüre offen. Die Katze schlich durch die Wohnung, stieg
      beim Fenster hinaus und lief auf einem Mauersims im 1. Stock an
      der Fassade entlang und kam zu meinem Fenster herein. So einen mit
      Blech abgedeckten Mauersims gab es auch im 3. Stock. Das wurde der
      Katze zum Verhängnis. Als sie dort entlang lief, rutschte sie aus
      und fiel vom 3. Stock auf das Straßenpflaster. Der Familie im 3.
      Stock tat das sehr leid. Sie betteten die Katze vor einen
      elektrischen Wärmestrahler und das Tier erholte sich in 2 Wochen.
      
 Indianerspiele 
      Angeregt durch "Lederstrumpf" und Karl May-Bücher spielten wir oft
      Indianer. Deshalb bastelte ich mir auch Pfeil und Bogen aus
      irgendwo abgeschnittenen Haselstecken. Als ich so bewaffnet auf
      der Straße stand, griff mich ein etwas jüngerer Bub aus der
      Nachbarschaft an. Als er keine Ruhe gab, schoss ich den Pfeil in
      Bauchhöhe ab. Dummerweise bückte sich der Bub in diesem Moment und
      ich traf ihn am Auge. Schreiend lief er heim. Da warf ich meinen
      Bogen weg und bastelte nie wieder einen. Die Eltern des Buben
      kamen noch am Abend in die Bäckerei und beschwerten sich. Zum
      Glück hatte ich das Auge nicht getroffen und die Verletzung heilte
      bald. Ich besuchte den Buben, als er noch krank war und
      entschuldigte mich. Er und seine Eltern trugen es mir auch nicht
      weiter nach.
      
      Die Theresienwiese war unser Hauptspielplatz. Beim Oktoberfest war
      der Auf- und Abbau der Achterbahnen und Bierzelte das
      Interessanteste. Geld brauchten wir beim Oktoberfest keines. Wir
      kannten die Attraktionen schon lange auswendig. Nur beim Einräumen
      der Geister in die Geisterbahn ließ man uns nie zuschauen. Das
      hätten wir gerne gesehen.
      Viel Zeit verbrachten wir beim Schlittenfahren am Wiesenbergl. In
      der Erinnerung waren die Winter alle lang und schneereich.
      
        Außer der fast ganzjährig leeren  Theresienwiese gab
      es noch den Ausstellungspark. Hier und um die Bavaria war die
      Freiheit nicht so groß, denn da  waren uns immer die Aufseher
      auf den Fersen. Trotzdem war der Ausstellungspark und das dahinter
      liegende Brachland von der Verkehrsausstellung 1924 schöner als
      die kahle Wiese.  Die Ausstellungen waren nur in den Hallen,
      der Park dahinter wurde nur bei den Verkehrsausstellungen benützt.
      
      Im Park konnten wir schon auf Bäume klettern, einen Specht
      beobachten oder ein Amselnest entdecken.
      
Auf dem Wallberg mit Irmi
      Auch die 3 Jahre ältere Cousine Irmi (Buchta , geboren 6.11.1938)
      kam als Feriengast nach München. Da spielte ich für 1 oder 2
      Wochen den Gastgeber. In Bayreuth besuchten wir sie jedoch nie,
      denn meine Eltern konnten die Bäckerei nicht mehrere Tage
      schließen und um allein zu reisen, war ich zu klein. Die teuren
      Eisenbahnfahrten von Bayreuth nach München machte Irmi in den
      Nachkriegsjahren (12- bis 15-jährig) mehrmals allein. Sie konnte
      ja  noch mit Kinderfahrkarte fahren.. Das war jedes mal ein
      Abenteuer. Sie fuhr den ganzen Tag, musste unterwegs umsteigen.
      Wir haben sie natürlich vom Bahnhof abgeholt und zum Zug gebracht.
      Das wurde vorher brieflich vereinbart, funktionierte aber nicht
      immer.  Auto und Telefon waren uns noch unbekannt. . 
      
      Bei ihrem letzten Besuch, als die siegreiche deutsche
      Fußball-Weltmeister-Mannschaft 1954 heim kam, beobachteten wir die
      Ankunft im Rathaus vom Turm der Peterskirche aus. Da sahen wir
      alles viel besser als im Gedränge auf dem Marienplatz. Wir hatten
      als erste die Idee mit dem Turm und deshalb die besten Plätze. 
      
Ferienwochen im Bäckerheim Lochham
      Oft führte unser Ausflug zum Bäckerheim der Bäckerinnung München
      Es war in Lochham direkt in den Waldrand hinein gebaut.. Normal
      wurden dort Kurse für Bäcker gehalten. In den Ferien war es ein
      Kinderheim.    In den Ferien sollte ich dort 3
      Wochen im Kinderheim verbringen. Es gab für jeweils ca. 30 Kinder
      einen Schlafsaal. Tagsüber sollten die Kinder auf einer Waldwiese
      spielen.  Ich hatte mich mit einigen Karl-May-Büchern
      ausgerüstet und habe meist gelesen. Zu den anderen Kindern fand
      ich keinen Kontakt und es war mir furchtbar langweilig.  Den
      ganzen Tag herum toben oder Ball spielen war nicht meine Art. 
      Nach zwei Wochen ließ ich mich von meinen Eltern wieder nach Hause
      abholen. 
      
 Wendelstein
       
       
      Weiter sind Bilder von einem herbstlichen Wendelsteinausflug
      vorhanden. Die Fahrt mit der altertümlichen Zahnradbahn war schon
      etwas besonderes. Die Bahn begann noch am Bahnhof Brannenburg. Auf
      dem Bild habe ich eine kurze, noch reichlich große Lederhose an.
      Der bescheidene Wohlstand der Fünfzigerjahre erlaubte uns jetzt
      häufiger solche Ausflüge mit Zug und Bergbahn. 
      
Hupfleitenjoch 
      Eine Familienwanderung 1952 oder 1953 führte uns vom Kreuzeck ins
      Höllental und durch die Höllentalklamm. Als Erinnerung prägte sich
      vor allem der Name des "Hupfleitenjoches" ein. Diese Wanderung war
      schon fast eine Bergtour. Sie hatte jedenfalls eine
      Hochgebirgs-Umgebung und als Abschluss und Höhepunkt die
      Höllentalklamm. So wurde ich während meiner Schulzeit mit den
      wichtigsten Ausflugszielen Münchens bekannt. 
      Es war die einzige und letzte gemeinsame Bergtour, bei meine
      Mutter mit gegangen ist. Ihr Sonntagskleid und Halbschuhe waren
      nicht die geeignete Bergsteiger-Ausrüstung.  Mit meinem Vater
      habe ich in den folgenden Jahren noch zwei Touren unternommen, bis
      ich dann alleine los gezogen bin. 
      
      
Der Kosmos-Elektromann Baukasten 
      Irgendwann begann ich, mit Batterien und Lämpchen zu basteln. Im
      Elektrogeschäft gegenüber kaufte ich Drähte und kleine Schalter,
      die ich im Schaufenster sah.  Es war als Beleuchtung für eine
      Puppenstube gedacht.
      
      Darauf erhielt ich an Weihnachten 1953 den Kosmos-
      Experimentierkasten "Elektromann". Das war ein großer Erfolg und
      ein gut angelegtes Geld. Ich lernte elektrische Grundbegriffe.
      Leider wurden im Anleitungsbuch die theoretischen Voraussetzungen
      und Formeln nicht erklärt. Ich bastelte eifrig, bis das
      Hauptstück, die Elektromagnetspule kaputt ging. Es gelang uns
      nicht, Ersatz dafür zu bekommen. Ich hatte im Eifer die
      Erklärungen am Anfang überblättert und nicht mitgekriegt, dass die
      Drähte zur Isolierung mit einer Lackschicht überzogen waren. Auch
      mein Vater ist nicht dahinter gekommen. Die Versuche
      funktionierten nicht , weil  ich an den Kontaktstellen die
      Lackisolierung nicht abgekratzt hatte. 
      Ich hätte einige Anleitungen und Erklärungen gebraucht an den
      Punkten, an denen ich nicht weiter kam. Das konnte jedoch niemand
      in meiner Umgebung. Trotzdem habe mit dem Elektromann die
      Voraussetzungen für den späteren Beruf Tabellierer gelernt. 
      
      Auf der Rückseite des Anleitungsbuches war Reklame für die anderen
      Experimentierkästen des Kosmosverlages. Ich habe sie auswendig
      gelernt, weil ich den Chemie-, Technik-  und Radiokasten
      gerne gehabt hätte. Diesen Wunsch konnte ich mir erst 10 Jahre
      später als Erwachsener erfüllen. Meinem Vater fehlte dafür das
      Verständnis. Bezahlbar wären diese Lehrspielzeuge leicht gewesen.
      Dabei hat mein Vater sogar einmal einen Aprilscherz damit gemacht.
      Er sagte, "Peter hat den All-Chemist  bekommen". Wie die
      Wilden sind wir darauf im Haus gegenüber in den 3. Stock zu Peter
      gestürmt. Mein Freund Helmut wusste gar nicht, um  was es
      ging und rief: "Wo ist der Mist !"   Es war nur April ! April
      !
      
      
1952 - 1953 Schule  6. Klasse
      In der 6. Klasse überlegte man es sich wieder anders. Wir Buben
      kamen zur Schrenkschule. Diese war ebenfalls zerstört und noch ein
      Schutthaufen. Die Kinder der Schrenkschule waren in der
      Guldeinschule unter gebracht. Das war wie die Ridlerschule ein
      burgartig finsterer Bau. 
      Die Schrenkschüler zogen   in die nun wieder aufgebaute
      Bergmannschule. Wir Buben der  6. Klasse wurde jetzt mit der
      6. der Schrenkschule zusammen gelegt. Wir kamen zur Schrenkschule,
      die in der Bergmannschule war. Es änderte sich nur der Titel und
      der Rektor, nicht aber das Gebäude. Für den Religionsunterricht
      war nun die Pfarrei St. Benedikt und nicht mehr  St. Rupert
      zuständig.
      Zwei Schulklassen wurden zusammen gelegt, die sich bisher nicht
      kannten. Sie mussten sich zusammen raufen. Anerkannt Bester in der
      Schrenkschule war  Seppi Winter, ein sportlicher kleiner
      Fußballer. Zwischen ihm und mir ging es um den ersten Rang in der
      Klasse. Das haben wir einmal nach der Schule auf dem freien Platz
      vor der evangelischen Kirche in einer Rauferei aus gekämpft,
      gewissermaßen stellvertretend für  Schrenkschüler gegen
      Bergmannschüler.. Die übrige Klasse, in den  zwei Gruppen
      Bergmannschüler und Schrenkschüler,  hat dabei zugeschaut.
      Der Kampf ging wohl unentschieden. Seppi war kleiner als ich, aber
      gewandter. Ich habe sonst nie und mit niemand gerauft. Nach dieser
      Rauferei waren wir gute Freunde und haben einiges gemeinsam
      unternommen. Die Führung im Sport blieb unangefochten bei Seppi.
      
      In der Schrenkschule hatten wir Hauptlehrer Bürkle in der 6. und
      7. Klasse. Dieser alte Lehrer hatte unheimliches Temperament und
      trimmte die Klasse mit allen Methoden und Tricks auf Leistung. Zum
      Beispiel stellte er eine Frage, die alle wissen mussten. Wer nach
      kurzer Zeit nicht den Arm hob, musste aufstehen, wurde zusammen
      geputzt und erhielt Strafpunkte. So konnte niemand in der Klasse
      schlafen. Wieder war ich Klassenbester. Das war bei diesem Lehrer
      eine Streßsituation. Erst in der 8. Klasse blieb mir zu meiner
      Erleichterung diese Rolle erspart.
      
      Neu war, dass nun die Tische nicht mehr in Reihen standen, sondern
      immer 3 Tische zu einem großen zusammen geschoben waren und wir zu
      sechst Gruppenarbeiten machten.
      
      
      
1953 bis 1959 im Briefmarkenklub 
      Von 1953 bis 1959 gehörte ich zur Jugendgruppe des Briefmarkenclub
      Bavaria. Alle 14 Tage wurde im Kolpinghaus eifrig getauscht. Hier
      lernte ich viel über Briefmarken und habe auch eine große Sammlung
      wertloser Marken zusammengetragen. 
      Aus dem Katalog lernte ich beim Ordnen der Marken die neuere
      deutsche Geschichte, von der in der Schule keine Rede war. Bei
      Marken aus fremden Ländern lieferte der Katalog ebenfalls
      interessante Information.
      
      Speziell für die Jugend kam damals Motivsammeln in Mode. Eine
      Ländersammlung wurde wegen der unbezahlbaren teuren Marken nie
      komplett, aber eine Motivsammlung war immer komplett. Ich
      spezialisierte mich auf Schiffe und ordnete die Markenbildchen
      nach historischen Schiffstypen. Anleitung gab mir ein Buch "Komm
      mit an Bord"  Die ganze Jugendgruppe sammelte für mich
      Schiff-Briefmarken. Diese Sammlung gibt es noch. Nach heutigen
      Maßstäben (2017)  mag das alles primitiv wirken. Damals gab
      es nicht einmal einen Fotokopierer. 
      
      Zu einer Briefmarken-Ausstellung war auch die Jugend eingeladen.
      Ich war mit meinen Schiffe-Albumblättern dabei und bekam dafür den
      3. Preis. Das war das Schwaneberger-Deutschland Vordruck-Album,
      das ich noch habe. Eigentlich war dies der erste Preis. Die
      Gewinner des ersten und zweiten Preises wollten das Album nicht
      und so bekam ich es. In der Folgezeit habe ich viele
      Ergänzungsseiten dazu gekauft und dafür deutsche Nebengebiete, zu
      denen ich keine Marken habe, heraus genommen. Auch Seiten mit für
      mich unerreichbaren Marken, wie die Zeppelin-Ausgaben nahm ich
      heraus, damit die Seiten mit den laufend nachkommenden neuen
      Jahrgängen in den Umschlag passten. 
      Mit ein wenig Erklärung ist die Deutschland-Sammlung wie ein
      Geschichtsbuch für die Zeit von 1850 bis zum Albumende. 
      
      Nach dem Ausscheiden aus der Jugendgruppe wollte ich nicht in den
      Verein eintreten. Für die Vereinsmeierei hatte ich nichts übrig.
      Briefmarken sammeln erschien mir nun spießig. Mein Vater führte
      die Sammlung etwas weiter, indem er die Neuheiten kaufte. 
      Jahre später habe ich mich immer wieder einmal damit beschäftigt
      und die Sammlung auf den neuen Stand geordnet, aber zu einem
      Verein ging ich nicht mehr.
      
Fotografieren
      Bilder im Wald bei der Trambahn-Schleife Großhesselohe sind
        meine ersten Fotos mit dem Apparat meines Vaters. Von da an habe
        ich viel geknipst. Anfangs wurden die Köpfe und Turmspitzen
        abgeschnitten, weil der Apparat nur einen primitiven Sucher
        hatte. Ich kaufte einen Belichtungsmesser dazu und bald ein
        elektronisches Blitzlichtgerät, das einen schweren Akku und
        einen riesigen Kondensator hatte. 
      
      Federball-Spiel war damals aktuelle Mode. Sogar meine Mutter
        versuchte sich damit.
      
      Gegengeschäfte
      
      Ein Geschäftsmann fühlt sich verpflichtet,
        bei anderen Geschäftsleuten, die seine Kunden sind, einzukaufen.
        Deshalb musste ich bei verschiedenen Metzgern und Krämern
        einkaufen, das Bier reihum in 3 Wirtschaften holen und zu einem
        bestimmten Friseur gehen, den ich nicht mochte. Sonntags kochte
        meine Mutter nicht, sondern wir gingen zum Mittagessen in eine
        der Wirtschaften. Von den drei Wirten kochte nur einer ein
        genießbares Essen, bei den anderen würgten wir das Zeug aus
        Verpflichtung hinunter. 
        In eine vierte Wirtschaft, die bei uns Kunde war, brauchten wir
        nicht zum Essen gehen, denn die haben nicht gekocht. Weil dieses
        Haus an meinem Schulweg lag, musste ich jeden Tag in der Frühe
        ein Netz mit Semmeln am hinteren Wohnungseingang der Wirtschaft
        an die Türklinke hängen. Die Wirtsleute schliefen zu dieser Zeit
        noch. Auf dem Gang vor der Wohnungstüre lagen oft die
        Bierleichen und schliefen ihren Rausch aus. Über diese bin ich
        vorsichtig hinweg gestiegen, um bis zur Wohnungstüre zu kommen.
        
        Jede der Kneipen veranstaltete alljährlich ihren Hausball. Da
        mussten wir natürlich auch hin. Das war sogar meiner Mutter zu
        viel, so dass ich, in Sonntagskleidung, mit meinem Vater zum
        Fest ging. Da saß ich dann bei den alten Geschäftsleuten am
        Tisch und verzehrte das teuerste Gericht der Speisekarte.
        Anschließend durfte ich wieder heimgehen und versuchte, den
        beißenden Mief wieder loszuwerden. Nur selten hatte ich
        Leidensgenossen, die Kinder anderer Geschäftsleute. Als mein
        Vater die Bäckerei aufgab, waren wir alle froh, dass wir damit
        auch diese Verpflichtungen los waren.
        
1954 Stadtplan zeichnen
         Angeregt durch Stadtpläne und Heimatkunde-Unterricht
        versuchte ich mit einem Freund, eine Art Katasterplan unserer
        Umgebung im Westend zu zeichnen. Dazu maßen wir die Strecken mit
        Schritten ab und zeichneten alle Häuser, Rückgebäude und
        Hinterhöfe. Oft wurden wir von den Hausmeistern verscheucht,
        wenn wir vorsichtig in die Höfe hinein spitzten. Das Werk gedieh
        etwa 2 Häuserblocks weit, das war unser Aktionsradius, hier
        waren unsere Freunde zuhause. 
        
        Ergänzung 2008: Heute würde man zu diesem Zweck ein
        Satellitenfoto oder einen Katasterplan aus dem Internet holen .
        In meiner Jugend waren die Dachgeschoße der Häuser noch nicht
        ausgebaut und es standen keine Autos vor den Häusern. Überall
        bröckelte der Verputz. Die Straßen waren holprig gepflastert.
        Die Wanderbücherei 
        Von Reisen sind 1954/55 weder Fotos, noch Erinnerungen
        überliefert. Ich hatte andere Interessen: 1952 hatte ich
        angefangen, Karl May-Bücher zu lesen. In der Städtischen
        Wanderbücherei, die in einem alten Straßenbahnwagen an
        verschiedene Stellen der Stadt fuhr, entdeckte ich einen
        größeren Bestand. Jede Woche ging ich zur Wendeschleife an der
        Ganghofer Brücke und holte 3 Bücher. Als ich alle Karl May
        verschlungen hatte, lenkte der Bibliothekar mein Interesse auf
        bessere Bücher und ich war bis zu meiner Militärzeit
        regelmäßiger Kunde der Bücherei. Ich las  Sachbücher 
        über Fotografieren, Bildgestaltung, Möglichkeiten der
        Schwarzweiß-Fotografie, viel über Bergsteigen. Gerne las ich
        Bücher von  Karl Lukan, Wien  ("Bergvagabunden"), die
        ich später vergeblich in Antiquariaten suchte. Auch Pinkerton:
        "Fünf Jahre im kanadischen Busch" und andere  beeindruckte
        mich. Die amerikanischen Bücher sind um 1950 erst in deutsch
        erschienen.   Ich glaubte damals, das sei zeitlich
        aktuell und habe erst jetzt gemerkt, dass es in der Zeit vor dem
        1. Weltkrieg handelt. 
        
        Auf der hinteren Plattform des Straßenbahnwagens wurden die
        Kunden bedient, die vor dem Wagen Schlange standen. Anstelle der
        Türe zwischen  Plattform und  Wagen war ein Tisch, auf
        dem die Bücher zurück gegeben wurden und hinter dem der
        Bibliothekar stand, der die Kunden beriet und aus der Kartei
        passende Bücher heraus suchte, die dann aus dem Regal geholt und
        heraus gereicht wurden. Einer der Bibliotheks-Helfer war auch
        Straßenbahnfahrer. 
         1955 Radfahren 
        1955 war ich groß genug, dass ich das kleinere Fahrrad von Papa
        benützen konnte. Ich lernte Radfahren und war von nun an
        eifriger Radfahrer. 1957 kaufte ich ein neues Rad mit
        Gangschaltung.
          
        1954 Basteln von Kriegsschiffen 
        
        Zwischen 1952 und 1955 interessierte ich mich sehr für deutsche
        Kriegsschiffe des 2. Weltkriegs. Das war damals ein aktuelles
        Thema, denn im Krieg war vieles geheim und wurde erst nach dem
        Krieg allgemein bekannt. Ich las viele Bücher und bastelte
        Schiffsmodelle nach Zeichnungen und Fotos in den Büchern. Mein
        Vater kaufte mir in  dieser Zeit in den Antiquariaten
        Bücher, die noch in der Nazizeit erschienen sind und natürlich
        die Marine sehr verherrlichten. Ich hatte damals eine ganz
        unrealistische Vorstellung von einem Schiff. Die Verfasser der
        Kriegsbücher hatten wohl ein ebenso unrealistisches Bild und
        keine Ahnung, worüber sie schrieben. In einem Bastelgeschäft im
        Westend kaufte ich das Zubehör: Balsaholz, Kanonenrohre,
        Propeller und kleine Elektromotoren. Die Badewanne war zu klein
        für die Probefahrten, deshalb trugen wir unsere Schiffe bis zum
        Nymphenburger Kanal. Als ich mit diesem  Hobbys Schluss
        machte, schenkte ich den ganzen Krempel einem interessierten
        Schulkameraden.
      
      1954 - 1955 In der 8. Klasse 
      Während des Schulanfangsgottesdienstes zur 8. Klasse erhielt ich
      vom neuen  Kaplan eine schallende Ohrfeige, weil ich zu
      meinem Hintermann etwas sagte. Da die Aufsichtspersonen alle neu
      waren und uns nicht persönlich kannten, kam der Rektor gleich zu
      Beginn des Unterrichts selbst in die Klasse und fragte, wer der
      Empfänger der Ohrfeige war. Als ich mich meldete, sagte er nur
      erstaunt: "Was, du?" und verschwand wieder. Dass ausgerechnet der
      Musterschüler eine Ohrfeige bekam, musste wohl ein Irrtum sein.
      Ich hatte den Rektor zwar nie als Klassenlehrer, aber er kannte
      mich und wusste, dass ich der Musterschüler war.
      Der gleiche Kaplan hätte mich einmal fast mit dem Motorrad
      überfahren. Er hielt auch bei uns in der 8. Klasse den
      Religionsunterricht. Die ganze Klasse döste und ließ ihn reden.
      Da fragte er: "Was sind die drei christlichen Tugenden?" 
      Niemand rührte sich. Da habe ich mich doch gemeldet und gesagt:
      "Glaube, Hoffnung, Liebe".  Das hatte ich einmal wo auf
      geschnappt und konnte mir aber nichts darunter vor stellen. Da war
      der Kaplan erfreut und rief mich zu ihm vor. Er schenkte mir ein
      kleines Heiligenbild. Als ich mit dem Bild zurück zu meinem Platz
      ging, feixte die ganze Klasse. Es war einfach lächerlich, als
      13-jähriger Bub in der 8. Klasse ein Heiligenbildchen geschenkt zu
      bekommen.
      
       Lehrer Schmied in der 8. Klasse nahm es leichter als der
      Hauptlehrer Bürkle. 
      Im Nordbad lernten wir Schwimmen. 
      
Werkunterricht
      Einmal wöchentlich hatten wir nachmittags Werkunterricht  in
      der Ridlerschule. Es war eine Gnade für besonders brave Klassen,
      wenn sie in die Werkstätten  durften. Die Klasse wurde in 2
      Gruppen geteilt. Eine Gruppe kam in die Metallwerkstätte, die
      andere in die Schreiner-Werkstätte. Nach einem halben Jahr wurde
      getauscht. 
      Unter Anleitung von Gewerbelehrern lernten wir in der
      Metallwerkstätte erst schmieden, dann in der Schreinerwerkstätte
      hobeln und sägen. Wir mussten zuerst eine  technische
      Zeichnung im Maßstab 1 zu 1 machen. Nach dieser wurde dann
      gearbeitet. Von Rohmaterial, Stangeneisen oder Blech, war ein
      Stück ab zu schneiden oder stemmen, dann zu gefeilt, bis es die
      Form auf 1/10 mm Genauigkeit hatte. Die exakt runde Platte wurde
      aus einem eckigen Blech gefeilt, ebenso der kleine Ring. Das
      Rundeisen war zuletzt hinten vernietet. 
       Der Fotoständer hatte einen rechteckigen Fuß mit exakt
      abgefasten Kanten, darauf ein Fotohalter genietet aus einem Blech,
      das durch Glühen ein Muster bekam und oben am gebogenen Rand ovale
      Punzen-Vertiefungen. 
      
      In der Holzwerkstätte fertigten wir einen Wäschetrockner,
      bestehend aus einer Wandplatte, darauf halbrund zwei Halterungen
      für die fünf  um 180 Grad schwenkbaren Latten.  Mit dem
      großen langen Rauhbankhobel brachte  ich kaum Späne weg.
      Mittag vor dem Werkunterricht musste mir meine Mutter immer
      Schinkennudeln kochen, damit ich genügend Kraft hatte.
      
      Die Lehrer prüften nach jedem Arbeitsgang die Werkstücke mit der
      Schieblehre und gaben danach die Noten.
      Das war etwas ganz anderes als die Bastelei vorher und hat mir
      viel genützt.  Die im Werkunterricht angefertigten Sachen,
      ein Fotoständer und ein Kleiderhaken aus massivem Eisen, ein
      sternförmiger Wäschetrockner aus Holz, lagen lange herum und sind
      bis auf den Kleiderhaken verloren.
      
      
  Oktoberfest 1954 bis 1956
       Die Parkstraße war  nur 2 Straßenkreuzungen von der
      Theresienhöhe und damit vom Oktoberfest entfernt. 
      
      Damals Anfang der 1950er-Jahre gingen die Leute noch zu Fuß hin,
      um das Trambahn-Zehnerl zu sparen. Deshalb kamen  Samstags ab
      mittag und am Sonntag schon am Vormittag  alle Bewohner des
      Münchener Westens, bis aus Laim und Pasing, durch die
      Gollierstraße wie eine Völkerwanderung daher. Sie kauften 
      bei uns  Brezen, denn hier gab es diese zum normalen
      Ladenpreis, während auf der Wiesn alles teurer war.
      
      Mein Vater konnte an solchen Tagen gar nicht genug Brezen backen.
      Frisch aus dem Ofen wurden sie noch warm verkauft.  An diesen
      Wochenenden kam mein Onkel Michel aus Oberschweinbach zu Hilfe. Er
      war gelernter Bäcker,  arbeitete aber als Elektriker. Michel
      hat die Brezen gedreht, ich musste sie in die Lauge tauchen
      und  mein Vater stand nur am Ofen und hat pausenlos Brezen
      hinein geschoben und heraus geholt. Meine Schulkameraden trugen
      die Körbe in den Laden.
      
Vaters Buchhaltung
      
        
      Als selbständiger Bäckermeister erledigte mein Vater seine
      Arbeiten, so gut er konnte. Er war sehr fleißig, führte stöhnend
      seine Buchhaltung, erstellte die Steuererklärungen, wie das
      Finanzamt es verlangte und wirtschaftete sparsam. Buchführung
      hatte er im Meisterkurs gelernt.  
      
      Als Onkel Michl sich als Elektriker selbständig machte, half er
      auch diesem in Oberschweinbach bei Buchführung und
      Steuererklärung. Einen Sonntag nachmittag saßen die beiden Männer
      in einem Kammerl zusammen und wir mussten daneben möglichst ruhig
      sein. Michl fuhr dann mit seiner Buchführung und Steuererklärung
      zum Finanzamt.  Der Beamte hat die Buchhaltung mit einen
      Blick darauf verworfen. "Das gibt es nicht, Sie hätten ja viel
      mehr ausgegeben als eingenommen !"  Michl kam darauf ganz
      verstört zu meinem Vater in die Backstube. Mein Vater konnte es
      erklären und erzählte es auch mir, denn ich weiß es heute noch,
      warum Michl mehr ausgegeben als eingenommen hatte: Michl hatte im
      ersten Jahr ein stattliches Lager mit noch unverkaufter oder nicht
      verarbeiteter Ware angelegt. Da war das Geld hin gekommen.  
      
      Mein Vater konnte mir zwar kaufmännische bzw. buchhalterische
      Grundbegriffe vermitteln, aber keinen Geschäftssinn. So blieb ich
      auch dabei, zu verwalten und buchhalterisch an zu häufen. Ein
      Risiko, ein großes Geschäft, wagte ich nie. Ich habe auch recht
      wenig bäckerei-technisches Wissen mitbekommen, nur was ich so
      beobachtete. Über Rezepte und Techniken für Brot oder
      Konditorwaren wurde nie gesprochen, deshalb bin ich da völlig
      ahnungslos. Dabei musste ich regelmäßig mit arbeiten. Etwa ab 10
      Jahren verdiente  ich mein tägliches Taschengeld von 10
      Pfennig dadurch, dass ich die Teigteil-Maschine und die
      Knetmaschine von Teigresten sauber kratzte. Diese Arbeit hasste
      mein Vater wohl genauso wie ich. 
      
      
Was habe ich in der Schule gelernt
      Ergänzung 21.1.2020
      
      Am fertigen Band "Schulzeit" ist mir erst auf gefallen, dass
        ich über die Schule nichts geschrieben habe, sondern nur über
        Ferien und Freizeit-Aktivitäten. 
      
      Da frage ich mich, was habe ich in der Schule gelernt ? 
        Was ist vom angebotenen Schulstoff hängen geblieben.  Meist
        kann ich heute nicht mehr sagen, habe ich es in der Schule oder
        sonst wie gelernt.
      
      Eingeprägt hat sich stets, wenn die Lehrer von ihrem
        Unterrichtsstoff begeistert und motiviert waren. Das war in der
        4. Klasse die Münchener Heimatkunde, die Münchener Geologie im
        Sandkasten dargestellt mit den Isar-Hofufern.
      
      Die Lehrerin in der 5. Klasse stammte scheinbar von Ostpreußen.
        Deshalb weiß ich heute noch über die Nehrungen und Haffe
        Bescheid.  Sonst bestand die deutsche Geografie nur aus dem
        Rhein mit Nebenflüssen und Randgebirgen. Alles zwischen Rhein
        und Ostpreußen ist für mich heute noch ein weißer Fleck auf der
        Landkarte. 
        
        In der 6./7. Klasse hatten wir  einen Frankreich-Fan. 
        Französische Städte und Flüsse sind mir fest eingeprägt und die
        Aussprache der französischen Namen ein Graus.
        Weitere Länder oder Erdteile blieben in der Schule völlig
        unbekannt.
        Deutsche Geschichte war in der Nachkriegszeit in heikles Thema
        und wurde aus gespart. In der 8. Klasse folgten wir so lange
        Napoleons Feldzügen, bis das Schuljahr um war.
        Die neuere Geschichte habe ich dann mit der
        Briefmarken-Sammlung  und dem Michel-Katalog gelernt.
      
      In der 7. Klasse lernten wir, eine Folge von Multiplikationen
        und Divisionen auf einen Bruchstrich zu schreiben und zu kürzen.
        Der Lehrer in der 8. Klasse hat das nicht kapiert und sich
        gewundert, dass wir Aufgaben schneller lösten als er selbst,
        obwohl wir es ihm erklärten.
      
      Alle Fremdwörter habe ich ohne Schule gelernt und Fremdsprachen
        kann ich keine.  In der 4. Klasse wurde nachmittags ein
        Englisch-Kurs an geboten. Dreimal ging ich mit einigen Freunden
        hin und es kam kein Lehrer.  Zum 4. Termin gingen wir nicht
        mehr hin und prompt wurden wir gerügt, warum wir nicht gekommen
        sind. So kann man Interesse der Kinder ab würgen.
      weiter
        mit  Lehrzeit 1955 -58