Kiening: Genealogie:
Schriftliche Quellen gibt es für unser Gebiet nordwestlich von München etwa ab dem Jahr 800, allerdings meist nur in späteren Abschriften. Dabei geht es stets um Schenkungen durch Personen aus dem Ritterstand an kirchliche Stellen. In diesen Urkunden werden alle Orte in unserem Gebiet erstmalig genannt. Das wurde in Ortsjubiläen (1200 Jahre X-Dorf) gebührend gefeiert.
Über die Entstehung der Orte sagen diese Urkunden nichts aus. Zu Beginn der Urkunden waren alle heutigen Orte schon da, wenige Neugründungen ausgenommen. Die Orte bestanden also das ganze 2. Jahrtausend nach Chr. unverändert. Die Lage der Bauernhäuser, die Verteilung von Wald und Flur, blieb 1000 Jahre fast unverändert.
Für die Familienforschung sind die alten Urkunden bis zum Jahr 1500 nicht nutzbar. Die genannten Adeligen haben ihren Besitz der Kirche geschenkt, da die Familien ausgestorben sind und die letzten Familienmitglieder ihr Alter durch die Schenkung sicherten. Auf den verschenkten Anwesen arbeitende Bauernfamilien wurden nicht genannt. Sie konnten nicht genannt werden, da sie keine Familiennamen führten. Entstehung der Familiennamen
Bäuerliche Familiennamen begegnen uns im Raum Dachau erstmals in Listen von Steuerpflichtigen, wie dem Herdstättenverzeichnis von 1450, Scharwerksregister 1485, Musterungslisten 1587, Steuerbuch 1612. Zu diesen Quellen siehe "Amperland" 1997 Heft 2.
Auch von den Klöstern Indersdorf und Fürstenfeld sind "Stiftslisten" über die jährlich wiederkehrenden Abgaben ("Stift") ihrer Untertanen aus der Zeit vor 1650 vorhanden.
Diese Quellen aus zentralen Verwaltungsstellen in München, Fürstenfeldbruck, Dachau und Indersdorf sind schon gründlich ausgewertet worden und zum großen Teil in meiner Datensammlung enthalten.
Für die Familienforscher haben sie einen generellen Mangel: Die Quellen enthalten keine Verwandtschaftsangaben. Wer nur beweisbare Verwandtschaft gelten läßt, sollte die Finger davon lassen. Üblicherweise nimmt man an, daß Folgen von gleichen Familiennamen auf markanten Höfen eine Generationsfolge von Vätern und Söhnen sind. Möglich ist das natürlich. Tragen jedoch Vater und Sohn den gleichen Vornamen, wird die Abgrenzung der Generationen schon schwierig oder unmöglich.
Heiratete beispielsweise die Witwe des "Holzmüllers" auf der Holzmühle wieder, da sie den Betrieb weiter führen mußte, so nannte sich der neue Gatte selbstverständlich Holzmüller. Er wurde es durch Einheirat, obwohl er mit seinem Vorgänger überhaupt nicht verwandt war und bis zur Heirat einen anderen Familiennamen führte. So kommen oft gleichnamige Besitzerfolgen zustande, die als Vater - Sohn - Folge biologisch nicht möglich sind, da die Generationsabstände zu kurz oder zu lang sind. Trägt der neue Gatte der Witwe gar den gleichen Vornamen (meist Hans) wie sein Vorgänger und nimmt der dessen Familiennamen an, so ist er in den Quellen von seinem Vorgänger nicht zu unterscheiden. Dieser Effekt war in der Praxis sogar sehr erwünscht, denn bei einem Besitzerwechsel war eine erhebliche Abgabe (Laudemium, 7,5 % vom Wert des Anwesens) an den Grundherren fällig. Bemerkte der Grundherr den Besitzerwechsel nicht, so konnte man diese Abgabe sparen.
Vor Familienstämmen aus der Zeit vor 1650 kann also nur eindringlich gewarnt werden, auch wenn sie hier aufgelistet sind.
Erst ab 1650, oft erst ab 1670, setzen bei uns im Raum Dachau die für die Familienforscher brauchbaren Quellen ein. Das ist eine Folge des Dreißigjährigen Krieges. ( lokale Kriegsereignisse im 30-jährigen Krieg ) In den Archivalien wird der erste Schwedeneinfall 1632 als "erster Feind" und die Zerstörungen von 1646-48 als "zweiter Feind" bezeichnet.
Ausführlicher über die Zuwanderung nach dem 30-jährigen Krieg.
Nur vom Kloster Fürstenfeld sind "Briefprotokolle" aus der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg erhalten.
Ausführlicher über Inhalt und Typen der Briefprotokolle
Mit der Zerstörung und Entvölkerung verschwand auf dem Land die kirchliche und staatliche Verwaltung einschließlich Archivalien. Sie mußte nach 1650 neu aufgebaut werden. Deshalb gibt es erst ab dieser Zeit Tauf- Heirats- Sterbe- und Notarurkunden mit Verwandtschaftsangaben. Sie sind erhalten und zum größten Teil in den Archiven vorhanden. Infolge ihrer gewaltigen Menge sind diese Quellen noch lange nicht vollständig ausgewertet. Die von den Pfarrern geschriebenen Tauf- Heirats- und Sterbeurkunden befinden sich den Archiven der Bistümer.
Zuwanderung gab es natürlich zu jeder Zeit. Sie kommen ständig aus dem Nordwesten, aus dem Raum Aichach, Schrobenhausen, Pfaffenhofen. Nach 1800 kamen sie auch aus Baden, Rheinpfalz und der Oberpfalz. Diese Zuwanderer kamen jedoch nicht mehr in Schüben, sondern einzeln, mit und ohne Familie. Einige brachten markante Namen mit, wie Ampenberger, Kronschnabl, Waldhauser, Jestl.. Gelang es einem Zuwanderer erst einmal, in den Bauernstand einzudringen, dann hatten seine Kinder erhöhte Heiratschancen in der von Inzucht bedrohten Bauernschicht. Die Neuen vermehrten sich schneller als die Alteingesessenen.
Bei "markanten Namen" kann der Familienforscher alle Namensträger eines kleinen geschlossenen Gebietes ( Landkreis Dachau ) auf einen Stammvater zurückführen. Allerdings sind längst nicht alle interessanten Namen geklärt: Trinkgeld, Ziegltrum, Airesser, Scheck, Schnell, Sittig, Grain, usw. warten noch auf einen Forscher.
Eine Sondergruppe (mit Spezialliteratur) bilden die Abdecker , Wasenmeister (Tierkörper-Verwerter). Typische Abdecker-Namen sind Steppberger, Klingensteiner, Hamberger, Abele, Ritzer, Trenckler, Pickl, Schlehhuber. Sie sind gleichmäßig über Süddeutschland und Österreich verteilt. Heiraten in dieser Gruppe erfolgen über große Distanzen. Die Vitalität der Abdecker ist erstaunlich.
Eine extreme Ausnahme ist der Name Ligsalz. Er läßt sich auf eine Münchener Patrizierfamilie zurück führen. Siehe Artikel in der Zeitschrift Amperland.
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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de