Kiening: Genealogie im Gebiet nordwestlich von München
Anonyma oder Anonymus sind Kinder, die nicht so lange gelebt haben, bis sie in der Kirche getauft werden konnten. Also Totgeburten oder Kinder, die kurz nach der Geburt gestorben sind. Getauft werden nur lebende Kinder. Deshalb wurden Totgeburten ohne Namen, "anonym", begraben. Anonymus ist die männliche und Anonyma die weibliche Totgeburt.
Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, daß solche Kinder "notgetauft" waren. Das beweist schon der Eintrag im Taufbuch. Die Hebammen hatten von der katholischen Kirche die Anweisung, Kinder bei Todesgefahr, aber auch bei der Gefahr, daß sie das Licht der Welt nicht lebend erblicken würden, unverzüglich zu taufen. Bei Taufen, die im Mutterleib durchgeführt wurden, lautet der Eintrag: "baptizatus (männlich) oder baptizata (weiblich) in utero", also noch vor der Geburt des Kindes.
Selbst für den Fall, daß keine rechtzeitige Nottaufe erfolgen konnte, etwa bei plötzlicher Geburt, gab es eine Möglichkeit: Die toten Säuglinge wurden ins Kloster Ursberg bei Krumbach in Schwaben gebracht. Dort wurden sie auf den Altar gelegt, bis das Wunder, eine Rotfärbung der Haut, Leben anzeigte. Nun wurden die Kinder getauft und anschließend begraben.
Eine ähnliche Funktion hatte in Südtirol die Wallfahrtskirche Maria Trens bei Sterzing. In diese Kirche wurden die toten Kinder getragen, dort am Altar behandelt bis sie ein Zeichen gaben (daher "Zeichenkinder"), allenfalls durch eine leichte Rötung der Haut. Dadurch glaubte man, daß die toten Kinder durch ein göttliches Wunder für kurze Zeit zum Leben erweckt würden und taufte die Kinder, worauf sie christlich begraben werden konnten.
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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de