Kiening : Genealogie - Datensammlung Erläuterungen

Freundschaften und Feindschaften

Das Leben in den Dörfern und Einöden in historischer Zeit lief meist ruhig und harmonisch ab. Trotzdem bot und bietet es unendlich Stoff für Bauerntheater und Bauernroman. Dabei wird natürlich die Realität stets grotesk übertrieben.

Die alten Gerichtsprotokolle ergeben ein anderes Bild. Wurde einmal im Wirtshaus gerauft oder um einen Wassergraben zwischen zwei Feldern gestritten, so konnte ein kluger Richterspruch den Frieden wieder herstellen.

Für den Raum Dachau ist trotzdem einiges auffallende zu berichten. Zuerst die

Freundschaften

Nach der Zuwanderungswelle im Dreißigjährigen Krieg war die Bevölkerung innerhalb der jeweiligen sozialen Schicht bald eng verwandt und verschwägert. Da verwundert es nicht, wenn sich die Freundschaft darin zeigt, daß man gegenseitig als Pate oder Trauzeuge auftritt.

Eine besondere Freundschaft zwischen den Winterholler und den Polz fällt jedoch auf. Wo ein Winterholler auftaucht, da erscheint kurz darauf auch ein Polz.

Die Winterholler sind schon vor dem Dreißigjährigen Krieg in der Gegend ansässig. Vom Samerberg kommt nach dem ersten Schwedeneinfall 1638 Christoph Polz nach Loitershofen. 1642 kauft Kaspar Winterholler den später so genannten Polz-Hof in Hattenhofen. Sein Sohn Simon Winterholler heiratet die Polz - Tochter Christine und tauscht mit seinem Schwager den Hof . Damit beginnt eine mehrhundertjährige Freundschaft.

Als der Polz-Nachkomme Isidor Polz 1738 nach Ebersbach heiratet, erfolgt das offensichtlich auf Vermittlung von Michael Winterholler, der 1737 im nahen Lotzbach einheiratete. Bezieht man auch die Töchter ein, so entdeckt man bis in die Gegenwart immer wieder Beziehungen zwischen den beiden Bauernfamilien.

Eine Vierfach-Verschwägerung

Die Angehörigen des Abdecker-Berufes, auch Wasenmeister genannt, bilden einen gesonderten Stamm und heiraten bis 1800 fast nur untereinander. Doch die Heirat von 4 Tausendteufl-Töchtern mit 4 Ritzer-Söhnen ist auch hier einmalig. Dazu die Einzeldaten.

Das Bier-Kartell

der Wirte von Ampermoching und Schönbrunn:

Briefprotokolle Hofmark Schönbrunn am 26. November 1731:

Franz Schäffler, Wirt in Moching und der künftige Wirt in Röhrmoos und zugleich Wirt in Schönbrunn, Josef Gritsch, vereinbaren:

Der Mochinger liefert das weiße Bier um den Preis, den es in München kostet, nach Schönbrunn vor das Haus und erhält je Faß 1 fl. 40 Xr. Fuhrlohn, doch daß er jederzeit derselbe ein gutes Bier zu liefern hat, außer dessen ermeldter Wirt zu Schönbrunn befugt wäre, solches unschenkbare Bier wieder zurück zu schicken.

Der Wirt (Gritsch ) ist an 3 Fasnachttagen in Schönbrunn, an Sonntagen in Röhrmoos, 2 Tage in Moching. Wann die gnädige Hofmarksherrschaft in Loco (in Schönbrunn im Schloß anwesend ist) ist er alle 3 Tage in Schönbrunn und der Mochinger auch. ( Bei Anwesenheit der Hofmarksherrschaft kamen die Bauern nach Schönbrunn zur Leistung ihrer Abgaben und zu ihren Notargeschäften. Dann hatten beide Wirte in Schönbrunn zu tun und die Wirtshäuser in Röhrmoos und Ampermoching blieben geschlossen. )

Am Martinstag ist er Wirt in Schönbrunn, am Catharinentag aber in Moching. Sonsten aber die andere Zeit und Jahr beed (Wirte) alle Wochen Weiß(bier) langen (ausschenken) mögen und dürfen.

Solcher Vergleich ist denn fest und unzerbrechlich zu halten. Sie beed nit allein die Handt aneinander geben, sondern auch hierüber sr. Excellenz der gnedigen Hofmarksherrschaft selbst das Handglib abgestattet haben.

(Die beiden Wirte waren Schwäger. Es fiel ihnen wohl nicht schwer, sich auf ein gemeinsames vorteilhaftes Geschäft zu einigen.)

Feindschaften

Als Beispiel einer alten Feindschaft seien die 3 Bauern in Stockach südlich von Odelzhausen genannt. Hier sind zwar keine Protokolle von Streitigkeiten überliefert. Eine tiefe Feindschaft zeigt sich jedoch dadurch, daß es zwischen den Bauerngeschlechtern Heiß und Walter keine Heiraten und keine Patenschaften gab. Vor 1800 tauchen die beiden Familien nie zusammen in einer Ahnentafel auf.

Der Ursprung eines etwaigen Streites muß im oder vor dem Dreißigjährigen Krieg liegen. Da wußten die Nachkommen garnicht mehr, warum sie sich böse waren. Eine Ursache dürfte gewesen sein, daß die eng zusammen liegenden Höfe zu verschiedenen Grundherren, zu verschiedenen, weit von einander entfernten Gerichten und sogar zu verschiedenen Pfarreien gehörten. 3 Grundherren, 3 Gerichtsherren und 2 Pfarrherren ! Alle waren eifersüchtig auf einander und haben den Streit eher angestachelt als beigelegt. Obwohl die Untertanen Zaun an Zaun wohnten, gehörten sie nicht zusammen.

Erst 1847 erlischt zuerst der Walter-Stamm, dann kaufen die Brüder Schnell die beiden anderen Höfe. Die alten Grundherrschaften und Gerichtsherrschaften werden zu diesem Zeitpunkt abgeschafft. So gerät der alte Steit in Vergessenheit und seitdem leben die Stockacher in Frieden und Freundschaft, wie andere Einödbauern.

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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de