Die Dynastie Heitmeier, Lochhausen 
    
    Von Dr. Norbert Göttler, Bezirksheimatpfleger von Oberbayern 
    Dass mein Urgroßvater Martin Heitmeier
        (1862-1940) einmal Königlicher Ökonomierat, Bürgermeister
      und Privatbankier sein würde, dazu Besitzer des größten Anwesens
      im damals selbständigen Ort und heutigen Münchner Stadtteil
      Lochhausen, - ein Gut, das Landwirtschaft, Ziegelei,
      Gastwirtschaft, Metzgerei und Bäckerei umfasste, - war ihm nicht
      in die Wiege gelegt. Freilich, schon der Stammsitz der Heitmeiers,
      das auf alten provinzialrömischen Fundamenten stehende Anwesen
      Kienaden bei Bergkirchen (Lkr. Dachau) war ansehnlich, doch als
      weichender Erbe hatte man zu jenen Zeiten wenig zu erwarten, und
      die Verwalterstelle am Gut Lochhausen war noch nicht das
      schlechteste Los für einen jungen Mann wie Martin. Wie er aber zum
      dortigen Gutsbesitzer aufsteigen und zu seiner Frau Kreszenz,
      meiner Urgroßmutter, kommen konnte, ist auch für damalíge
      Verhältnisse ungewöhnlich genug.   
     Das Anwesen Lochhausen ist relativ jung.
      Katasterpläne um 1800 weisen kaum Bebauung an seiner Stelle aus.
      Eventuell wurde der Hof in Zusammenhang mit dem Eisenbahnbau
      München-Augsburg und der Errichtung der Haltestelle Lochhausen um
      1850 aufgebaut. Am Ende des 19. Jahrhunderts saß eine Familie
      Jakob und Katharina Siwig (gelegentlich auch Siebig geschrieben)
      auf dem mittlerweile stattlichen Anwesen – selbst wirtschaftlich
      rege, eine Reihe der heute noch stehenden Gebäude stammt von ihnen
      – doch privat von großem Unglück heimgesucht. Nicht nur, dass ihre
      beiden Kinder geistig schwach und nicht geschäftsfähig waren (nur
      die Tochter hatte man „gerade noch“ an einen Schullehrer namens
      Danner in Wartenberg verheiraten können!) – sondern auch der
      überraschende Tod hielt bald Einzug ins Gutshaus. Zuerst verstarb
      der Ehemann Siwig, der vor seiner Ehe mit Katharina mit einer
      Franziska Feiner aus Allach verheiratet war. Die Witwe Siwig nahm
      sich Martin Heitmeier, ihren jungen Gutsverwalter zum Gatten. Als
      sie wenige Jahre danach selbst verstarb, heiratete dieser 1898
      Crescentia (Kreszenz) Michl (1873-1951), auch sie eine Angestellte
      auf dem Lochhausener Hof. Da die beiden Siwig-Kinder – wie erwähnt
      - nicht geschäftsfähig waren, wurden sie bis zu ihrem ebenfalls
      frühen Tod zwar finanziell unterhalten, - Simon musste teilweise
      in einem Sanatorium leben - kamen aber nicht für die Erbfolge in
      Betracht. Die „Stunde Null“ der Dynastie Heitmeier-Lochhausen war
      gekommen. 
     
     Er muss ein stolzer, konservativer Patriot
      gewesen sein, dieser Martin Heitmeier, ein großer, hagerer Mann,
      der niemals ohne Anzug, Stock und Stehkragen das Gutshaus verließ.
      Sein jüngster Sohn Willy äußerte gelegentlich, dass er im ganzen
      Leben keine fünf zusammen hängende Sätze mit seinem Vater
      gesprochen habe, das wäre unter dessen Würde gewesen. Erzogen
      wurden die Kinder von der Mutter und dem Verwalterehepaar des
      Gutes. Überhaupt wird die Mutter Kreszenz in allen Erinnerungen
      als warmherzig, tolerant und fortschrittlich beschrieben. Ein
      Verwalter (lange Jahre Leonhard Heigl) und viele Angestellte
      sorgten für alle Sparten des Betriebes, sodass sich Martin
      Heitmeier bald öffentlichen Aufgaben widmen konnte. Er engagierte
      sich als Bürgermeister für die strukturelle Entwicklung der Gegend
      um Lochhausen, Aubing und Langwied, gründete Feuerwehren und
      Sportvereine, gehörte zu den Honoratioren des Münchner Westens und
      konnte bald die Ehrenbezeichnung „Königlicher Ökonomierat“ führen.
      Ein goldener Ehrenring mit dem königlichen Wappen ist erhalten und
      dürfte Martin Heitmeier wohl von Prinzregenten Luitpold überreicht
      worden sein. Da die Geschäfte offenbar gut liefen, - in dieser
      bauwütigen Gründerzeit war Heitmeier wohl auch so etwas wie ein
      „Münchner Ziegelbaron“ - übernahm der Ökonomierat bald die
      Funktion eines Privatbankiers, da das öffentliche Bankwesen auf
      dem Land noch kaum verbreitet war. In dieser Lebensphase des
      Ehepaares Heitmeier kamen bald die ersten Kinder zur Welt: 1899
      Katharina (meine spätere Großmutter), 1901 Franziska, genannt
      Fanny, und 1903 Sophie.  Doch das Glück blieb nicht ungetrübt.
      Ein lange ersehnter männlicher Nachwuchs kam zwar auf die Welt,
      starb aber nach wenigen Wochen. Im November des Jahres 1903
      brannte zudem ein Teil des Anwesens ab, die Ursache war bald
      festgestellt: Brandstiftung! Ob Neider im Spiel waren oder
      Schuldner? Die neu aufgebauten Gebäude ließ Martin Heitmeier
      später mit einer Tafel versehen: „Neider hab ich viel, Hasser
      nicht viel minder. Ich baue wie ich will, für mich und meine
      Kinder.“ Lange Zeit war ich der Ansicht, dieser Spruch wäre eine
      individuelle Schöpfung Martin Heitmeiers gewesen. Mittlerweile
      weiß ich, dass es sich dabei wohl um eine Art Standartspruch
      handelt, der auch andernorts auf Gebäuden steht, deren
      Vorgängerbauten einer vermuteten Brandstiftung zu Opfer gefallen
      waren. Eine Tafel identischen Inhalts findet sich zumindest am
      Stadel des Lindacherhofes bei Schwabhausen.  Das aber soll
      die schweren Belastungen in Lochhausen nicht schmälern. Auch das
      dortige Bankgeschäft hatte es in sich! Ein Hauptschuldner Martin
      Heitmeiers ging in Konkurs und eine große Bürgschaft – man spricht
      von 100.000.- Goldmark – musste abgeschrieben werden! Der gut
      vierzigjährige Martin Heitmeier war verzweifelt. Als sich auch
      nach längerer Zeit seine Depression nicht legen wollte, rieten ihm
      zwei Freunde – der Münchner Notar Dr.Graßmann und der Lochhausener
      Pfarrer J.Frank - zu Ablenkung und Abenteuer: zu einer
      gemeinsamen, vierwöchigen Reise im November 1904 durch Italien bis
      nach Sizilien! Und – erstaunlich genug – der sonst so
      bodenständige Ökonomierat ließ sich überreden.   
    Die große Lebensreise 
       Für 183 Mark löste man im Münchner
      Reisebüro Schenker ein Bahn-Billet, das einen Schnellzugtransfer
      von München über Zürich und den St.Gotthard-Tunnel nach Mailand
      bewerkstelligte. Der weitere Verlauf dieser klassischen
      Bildungsreise führte über Genua und Rom nach Neapel, wo man –
      besonders für den schwergewichtigen Pfarrer mühsam - den Vesuv
      bestieg. Auf Sizilien beeindruckte vor allem das Gebeinhaus der
      Kapuziner in Palermo und die griechischen Tempel von Sagunt. Die
      Rückreise – zumeist mittels Pferdefuhrwerken - führte über Capri,
      Assisi, Ancona, Venedig, Verona und Meran, von wo aus man wiederum
      mit der Eisenbahn über den Brenner nach München zurückkehrte. Ein
      erhaltener Reisebericht des Pfarrers Frank informiert uns heute
      über die Route, leider sehr ausführlich über die touristischen
      Sehenswürdigkeiten und wenig über die persönlichen und politischen
      Umstände der Reise.    
      Nach seiner großen Lebensreise scheint Martin Heitmeier zusammen
      mit seiner Frau Kreszenz das übliche Leben eines Großökonomen
      geführt zu haben. In kurzen Abständen kamen ihre weiteren Kinder
      zur Welt: 1906 Emma, 1907 Centa, 1908 – endlich der ersehnte
      Junge! – Martin, 1910 Eduard und 1913 Willy. Die Ökonomie wurde
      weiterhin von einem Verwalter betrieben, die übrigen
      Geschäftszweige wurden nach und nach verpachtet (z.B. an eine
      Familie Hoiß), bzw. verkauft. Durch den Ersten Weltkrieg kam man
      einigermaßen ungeschoren, da Martin mit seinen 52 Jahren nicht
      mehr wehrtauglich war, und seine drei Söhne sich noch im
      Kindesalter befanden. Aufregung brachten die Wirren der
      Räterepublik, Inflationsjahre, aber auch nochmals zwei Großbrände,
      die, wiederum vermutlich von fremder Hand gelegt – am 10.Januar
      1913 und am 30.November 1931 – mehrere Großaufgebote der
      umliegenden Feuerwehren nach Lochhausen ausrücken ließen.  
      Hoch betagt starben Martin Heitmeier 1940 und seine Frau Kreszenz
      1951. Sie liegen im neuen Friedhof von Lochhausen begraben.
      Bereits am 28.Juli 1940 war im Gut Walpertshofen ihr Schwiegersohn
      und Ehemann ihrer ältesten Tochter Katharina, Benno Westermayer -
      mein Großvater - überraschend verstorben. Katharina hatte aus
      diesem traurigen Anlass einen neuen Grabstein mit großer
      Engelsskulptur in Auftrag gegeben. Der Grabstein fand ihre
      Zustimmung, der Engel jedoch nicht. Darum ziert er heute nicht das
      Grab meines Großvaters  Benno Westermayr im Friedhof von
      Prittlbach, sondern das Grab meiner Urgroßeltern Martin und
      Kreszenz Heitmeier in Lochhausen.   
    Die Nachkommen 
       Die acht Kinder von Martin und Kreszenz
      Heitmeier habe ich alle noch als alte Herrschaften kennen gelernt:
      
      * Katharina (meine Großmutter), geb.1899, heiratete 1919
      den Gutsbesitzer Benno Westermayr aus Walpertshofen und hatte mit
      ihm die Tochter Katharina (meine Mutter). Nach dem frühen Tod
      Benno Westermayrs im Jahr 1940 heiratete sie 1945 den
      Ziegeleibesitzer Georg Bücherl aus Röhrmoos. Sie starb 1990 und
      ruht auf dem Friedhof von Röhrmoos. 
      * Fanny (Franziska), geb. 1901, heiratete 1928 den
      Finanzbeamten Max Herzog, der bereits im Ersten Weltkrieg Soldat
      war und es im Zweiten Weltkrieg bis zum Rang des Hauptmanns
      brachte. Die mündliche Familientradition, wonach er
      Stadtkommandant der besetzten norwegischen Stadt Narvik gewesen
      sein soll, überzeugt mich nicht - aber dazu mehr im letzten
      Kapitel. Herzog brachte als Witwer die – mittlerweile ebenfalls
      verstorbene - Tochter Paula in die Ehe. Fanny starb 1978. Sie ruht
      auf dem Friedhof Lochhausen. 
      * Sofie, geb. 1903, blieb unverheiratet und starb 1990.
      Auch sie ruht auf dem Friedhof in Lochhausen. 
      * Emma, geb. 1906, heiratete 1938 Peter Mayer, der als
      Angestellter in der Ziegelei arbeitete, hatte mit ihm die Tochter
      Marga, und starb 1995. Auch ihre letzte Ruhestätte befindet sich
      auf dem Friedhof Lochhausen. 
      * Centa (Kreszentia), geb. 1907, heiratete 1932 den
      Aubinger Glasermeister Otto Krempl, und starb 1985. Sie ruht auf
      dem Friedhof von Alt-Aubing. Von Otto Krempl besitze ich einen
      Brief, in dem er schildert, wie er als junger Bursche den
      Hitler-Putsch vor der Feldherrnhalle beobachten konnte. Centa und
      Otto Krempel hatten die Kinder Elisabeth und Walter. Letzterer
      wurde am 20.Dezember 1996 bei einem Verkehrsunfall in Australien
      getötet, ich selber durfte in Aubing die Totenrede auf ihn halten.
      
      * Martin, geb. 1908, blieb unverheiratet und starb 1968.
      Er ruht auf dem Friedhof Lochhausen. 
      * Eduard, geb. 1910, heiratete 1947 nach seinen
      Kriegsjahren Hilde Ruf, hatte mit ihr die Kinder Ingrid und
      Eduard, wurde von seiner Frau geschieden und starb 1979. Auch er
      ruht auf dem Friedhof Lochhausen.  
      * Willy (Willibald), geb. 1913, heiratete 1937 Anna
      Kißlinger und hatte mit ihr die Söhne Willi und Robert. Auch er
      musste als Soldat im Zweiten Weltkrieg Dienst tun. Nach seiner
      Scheidung in Jahr 1961 heiratete er Hilde Reis. Er ist 2005
      verstorben und ruht ebenfalls auf dem Friedhof Lochhausen. 
      Da der Hoferbe Martin Heitmeier jr. unverheiratet und kinderlos
      geblieben war, wurde bereits vor seinem Tod die Landwirtschaft
      weitgehend eingestellt. Nach seinem Tod 1968 ging das Lochhausener
      Anwesen in die Hand einer Erbengemeinschaft, bestehend aus seinen
      Geschwistern und deren Nachkommen, über.  
       Zum Thema „Hofnachfolger“ ist eine amüsante Anekdote
      überliefert. Meine Urgroßmutter Kreszenz Heitmeier hasste ihren
      Vornamen und wollte ihn keinesfalls in ihrer Familie weitergeben.
      Der Pfarrer von Lochhausen behauptete aber, es müsse die Tradition
      gewahrt belieben, eine Tochter den Namen der Mutter bekommen,
      sonst würde sich nie ein männlicher Erbe einstellen. Bei den
      ersten beiden Mädchen konnte sich die Mutter noch durchsetzen. Als
      aber auch das dritte Kind ein Mädchen wurde, sollte das Kind ohne
      das Wissen der Mutter Kreszenz heißen. Die aber protestierte so
      energisch, dass Martin Heitmeier kleinlaut zum Pfarrer gehen
      musste und die Urkunde umschreiben lassen musste. Erst bei der
      fünften Tochter resignierte die Mutter und stimmte zu, dass es
      Kreszenz (aus der dann Centa wurde) getauft wurde. Und: Prompt
      kamen daraufhin drei Söhne zur Welt!   
    Zur Vorgeschichte der Heitmeiers 
       Zur besseren Einordnung mag ein Blick
      auf die Vorgeschichte der beiden Dynastien Heitmeier / Kienaden
      und Michl / Etterschlag, denen meine Urgroßeltern entstammten,
      nützlich sein. Der Name Heitmeier kommt eher aus dem Norddeutschen
      und bedeutet vermutlich „Maierhof in der Heide“. Dass, wie
      manchmal behauptet, der Name allein aus dem Weiler „Haidhof“ bei
      Sulzemoos (Lkr. Dachau) abzuleiten sei, halte ich für
      unwahrscheinlich, zumal dort keine „Heitmeier“ nachweisbar sind.
      Ein Hans Hewtmayr wird 1485 als Bauer in Eurastetten erwähnt, ein
      weiterer Hans Heitmeier lebte dort von 1550-1620. Dessen Sohn
      Martin (1590-1632) soll im Dreißigjährigen Krieg von den Schweden
      erschossen worden sein. Von ihm führt eine Linie nach Welshofen,
      ehe ein Georg Heitmeier 1763 die Witwe Ursula Plabst von Kienaden
      heiratete und dort die bis heute bestehende Heitmeier-Tradition
      begründete. Der Name Kienaden deutet (ähnlich dem Ortsnamen
      Kemmoden) auf eine mittelalterliche Herberge hin.    Bereits
      Mitte des 19. Jahrhunderts hatten sich weichende Erben der
      Kienader Heitmeier in Lochhausen ansässig gemacht. 1852 hatte
      Michael Heitmeier um 14.000 Gulden den dortigen Denk-Hof
      (Lochhausen Nr. 1) gekauft (seine Urenkelin wurde später Ehefrau
      des Dachauer Kreisheimatpflegers Alois Angerpointner). 1853 kaufte
      Franz Xaver, Bruder von Michael, den Kreitmayr-Hof (Lochhausen Nr.
      2). Eine Generation später kam dann mein Urgroßvater Martin
      Heimeier in das Wirts- und Ziegeleianwesen, zunächst als
      Verwalter, ab 1898 dann als Besitzer. Seine Zwillingsschwester
      Katharina (1862-1924) heiratete übrigens den Besitzer der
      Würmmühle Eduard Wittmann, und liegt an dessen Seite auf dem
      Prittlbacher Friedhof begraben. Sie vermittelte auch die Heirat
      zwischen meinen Großeltern Katharina (aus Lochhausen, ihrer
      Nichte) und Benno Westermayr (Walpertshofen). Im Heitmeier-Grab
      von Bergkirchen ruhen wohl meine Ur-Ur-Großeltern Sebastian
      Heitmeier (1808-1886) und Maria Meier aus Webling (1819-1846),
      bzw. seine zweite Frau Maria Strixner aus Zötzlhof (1823-1885).
      Ebenso meine Ur-Ur-Ur-Großeltern Mathias Heitmeier (1768-1852) und
      Maria Haas aus Thal (1770-1805), bzw. seine zweite Frau Maria
      Nassl aus Anzhofen (1779-1861).   Meine Lochhausener
      Urgroßmutter Kreszenz stammte vom Michl-Hof aus Etterschlag am
      Ammersee. Sie hatte mehrere Geschwister, zu denen lange Kontakt
      gehalten wurde: Sabine Stör (Lochhausen), Anna Pöringer (Pächterin
      des Metzgerwirts in Nymphenburg), Leni Ludwig, Jakob Michl
      (Gasthaus und Metzgerei in Eberfing. Sein Sohn Dr.Jakob Michl
      wurde Wirtschaftsprüfer, heiratete Maria aus der Münchner
      Randlkofer-Dallmayr-Dynastie und starb 2009), Willi Michl
      (Wirtshaus Beinhofer, Murnau), Rosi Karg (Brauerei Karg, Murnau),
      Franz Michl (Hoferbe in Etterschlag). Meine weiter zurückliegenden
      Urahnen der Dynastie Michl dürften also im Michl-Grab in
      Etterschlag ruhen. Die ältesten Nennungen auf dem derzeitigen
      Grabstein dort sind Franz Michl (1879-1957), sowie seine Frau
      Cäcilie (1887-1978).   Von der Heitmeier-Dynastie in Kienaden
      führt über den Pentenriederhof von Prittlbach noch eine weitere
      Linie in meine entfernte Verwandtschaft. Johann Westermayr aus
      Walpertshofen hatte 1857 Anna Maria Schmid vom Reindlhof in
      Röhrmoos geheiratet und mit ihr am 10.Juli 1857 den
      Pentenriederhof in Prittlbach gekauft. Aus dieser Ehe gingen zehn
      Kinder hervor, von denen nur zwei am Leben blieben, Matthias und
      eine Schwester.  In zweiter Ehe heiratete Johann Westermayr
      Franziska Sitti vom „Riedl“ oder „Rial“ in Prittlbach. Ein Sohn
      aus dieser Ehe, Michael, heiratete in den „Reindlhof“ in Röhrmoos.
      Sein Bruder Johann Baptist wurde Geistlicher, später Regens und
      Professor in Freising (s.u). Matthias (1863-1945), Johanns Sohn
      aus erster Ehe, heiratete 1904 Ursula Plonner aus Fußberg
      (1875-1951). Da auch diese Ehe kinderlos blieb, wurde die Nichte
      der Ursula Plonner, Rosa Heitmeier aus Kienaden (1903-1979) –
      gegen ihren Willen - als Pflegetochter und Erbin angenommen. Sie
      heiratete in erster Ehe Josef Wackerl aus Ottmarshart (1900-
      1947), in zweiter Ehe Josef Mayer aus Asbach (1904-1992). Vater
      von Josef Wackerl war der Landwirt aus Ottmarshart
      („Oatmarschaft“), der Ökonomierat und konservative
      Landtagsabgeordnete Michael Wackerl (1867-1931). Wackerl war
      Zeitzeuge, als 1919 im Münchner Landtag im Zuge der Räte-Unruhen
      Schüsse fielen und mehrere Kollegen getötet wurden. Eventuell war
      Wackerl auch das literarische Vorbild für Ludwig Thomas
      Abgeordneten „Josef Filser“.   Bei einem Gespräch, das ich am
      3.November 2009 mit Mathias Wackerl sen. in Prittlbach geführt
      habe, ergaben sich folgende Ergänzungen: Der Pentenriederbauer
      Matthias Westermayr (1875-1945) leistete sich unverhohlen eine
      „Zweitfrau“, die Münchner Witwe Maria Schwarzmann. Sie war
      attraktiv („de schee Mare“) und resolut. Sie kam mehrfach im Jahr
      für eine Woche auf den Pentenriederhof und wohnte im Nebenhaus, wo
      ständig zwei Zimmer für sie bereitgehalten wurden. Seine reguläre
      Ehefrau Ursula Plonner war schwer krank. Sie litt an Gesichtskrebs
      und lebte Jahre lang ohne Nase. Dennoch wurde sie 76 Jahre alt.
      Mit Maria Schwarzmann soll sie sich gut vertragen haben. Ein
      Zimmer im Nebenhaus war auch ständig für den Regens Westermayr
      reserviert, der in seinen mittleren Jahren hier Urlaub machte,
      später aber nur mehr für wenige Stunden kam. Das heute noch
      bestehende Nebenhaus war 1927 gebaut und damals schon luxuriös mit
      einer Dampfheizung ausgestattet worden.   Dachaus
      Kreisheimatpfleger a.D. Alois Angerpointner (1915-1991) wies in
      einem Schreiben vom 28.Februar 1981 darauf hin, dass seine Frau
      Genoveva auf eine Abstammung aus dem Kienader-Hof zurückblicken
      kann. So seien Matthias Heitmeier (1768-1852) und seine Frau Maria
      (1779-1861) ihre Ur-Ur-Großeltern. Diese sind gleichzeitig meine
      Ur-Ur-Ur- Großeltern.    
    Außergewöhnliche Lebenswege und Schicksale im Umfeld der
      „Heitmeiers“ 
    
      
   Martin Heitmeier, Eurastetten (1590-1632) 
      
       Der 42jährige Bauer und Familienvater aus Eurastetten wird
      beim Einmarsch der schwedischen Truppen unter Feldmarschall Gustav
      Horn erschossen. Nachkommen gründen später die Dynastien Heitmeier
      in Kinaden, Lochhausen und Walpertshofen.  
      
      
       Ulrich Wittmann 
      Katharina Heitmeier, Zwillingsschwester meines Urgroßvaters Martin
      Heitmeier hatte – wie erwähnt - den Würmmühlenbesitzer Eduard
      Wittmann geheiratet. Einer seiner Söhne, Ulrich „Richi“ Wittmann,
      war passionierter Jäger und seit seiner Jagdflieger-Ausbildung im
      Ersten Weltkrieg begeisterter Pilot. In der Wirtschaftskrise der
      20er Jahre entschloss er sich, in die damalige deutsche Kolonie
      Südwest-Afrika, dem heutigen Namibia, auszuwandern. In Windhuk
      gründete er zusammen mit seiner fränkischen Frau eine Familie und
      lebte dort fortan als Drugstore-Besitzer, Jäger, Buschflieger und
      Wildhüter. Wie viele Auslandsdeutsche entwickelte auch Ulrich
      Wittmann eine gewisse Begeisterung für Hitlers Drittes Reich.
      Wittmanns Familie wohnt heute in dritter Generation in Windhuk und
      im südafrikanischen Johannesburg. Eine Tochter Wittmanns hieß
      Irmgard, die andere Martina. Letztere erlebte leider ein trauriges
      Ende. Als ein Heuschreckenschwarm über eine Plantage der Familie
      in Windhuk herfiel, wollte sie die Insekten vertreiben, rannte
      dabei voller Wucht gegen den Draht einer Wäscheleine und starb an
      den Folgen dieser Verletzung. Bei Gründung des souveränen Staates
      Namibia im Jahr 1990 musste die Familie die deutsche
      Staatsangehörigkeit abgeben. Ulrich Wittmann war mit meiner
      Großmutter Katharina Bücherl bis zu seinem Tod in enger
      Brieffreundschaft verbunden. Zu meinem großen, heutigen Bedauern
      habe ich als kleiner Junge nur die Briefmarken dieser exotischen
      Briefe ausgeschnitten und ihren Inhalt achtlos weggeworfen.
      Immerhin befinden sich in meinem Besitz Relikte der bei seiner
      Auswanderung zurückgelassenen Bibliothek Ulrich Wittmanns, sowie
      eine ausgestopfte, von ihm selbst erlegte Wildkatze aus der Rhön.
      
      
      (c) Norbert Göttler, 2015