Josef Kiening: Genealogie im Gebiet nordwestlich von
München
Eisingertshofen 3
Blutegelkolonie in
Eisingertshofen 3
Der am 17.10.1799 geborene Chirurg
Lorenz Schmalix, Sohn des Chirurgen im Landgericht Roding Peter
Schmalix und der Klara Schmid, heiratet am 14.6.1830 in München,
St.Peter die Antonia Josepha Seger, geboren am 13.1.1804 in
München, ST.Peter, Tochter des Webermeisters in München Anton
Seger und Maria Katharina ....
Lorenz Schmalix gründete 1829
eine Blutegel-Colonie. Dieses Datum ist einer Werbeschrift der
Blutegel-Handlung Lorenz Schamlix sel. Erben in München unbekannten Datums entnommen. Es
ist unbekannt, ob es sich damals schon um die Blutegel-Colonie in
Eisingertshofen handelte. Erst am 26.9.1842 wird die
katastermäßige Eigentumsumschreibung der Wiese mit der
Plan-Nummer 1504 1/3 in der Steuergemeinde Hebertshausen von Michael
Ampberger, Bauer in Eisingertshofen 2, auf den Wundarzt Lorenz
Schmalix, wohnhaft in der Neuhauser Str. 1 in München, angemeldet.
Diese aus Eisingertshofen 2 herausgemessene Fläche wird als
Eisingershofen 3 zum Zweck der Anlage einer Blutegel-Colonie
bezeichnet.
Bereits am 3.9.1843 stirbt Lorenz Schmalix und hinterläßt neben seiner
Witwe die noch unmündigen Kinder Otto, Sigmund, Ludwig und
Karolina. Die Witwe heiratet den jungen Arztkollegen Johann Adam Erich,
geboren am 29.11.1814 in Erlangen, Sohn des Bierbrauers in Erlangen
Johann Adam Erich und Margarethe Johanna Barbara Königsreuther.
Zur vormundschaftlichen Genehmigung des Ehevertrages vom 18.1.1845
erfolgte am 10.2.1845 ein Erbenvergleich auf der Basis des Testaments
von Lorenz Schmalix, womit unter Verpflichtungen zugunsten der Kinder
nun die Witwe Antonia, geborene Seger, Alleineigentümerin von
Eisingertshofen 3 mit Blutegelteich und Gebäude wurde. Ausserdem
verblieb ihr die "reale Badersgerechtsame" für die Neuhauser
Str. 1 in München, dem auch zukünftigen Wohnsitz des neuen
Ehepaares, in dem am 6.3.1847 der einzige Sohn Anton Karl Erich geboren
wurde.
Der nicht mehr auffindbare Ehevertrag
vom 18.1.1845 enthält offenbar auch den Eigentumsübergang auf
Adam Erich. Er wird bereits am 18.2.1847 als er weitere
Flächen in Eisingertshofen von den Bauerseheleuten Joseph und
Johanna Riedmeyer von Prittlbach erwirbt, als "Besitzer der
Blutegelkolonie bei Eisingertshofen" genannt. 1848 erfolgt durch Neubau
das heute noch bestehende Anwesen. Adam Erich vermehrt den Grundbesitz
durch Ankäufe am 29.8.1853 von Johann Schmidt zu Prittlbach 4,
Ulrich Widmann zu Würmmühle 1, Maria Anna Manhardt zu
Walpertshofen 25 und Max Holzer
zu Palln 2, sowie am 28.9.1859 aus der Zertrümmerung von
Eisingertshofen 1 und 2 von Mathias Rott. Desweiteren kauft Adam Erich am 4.3.1861 ein
kleine Fläche von Johann Westermaier zu Prittlbach 11. Das Gut
umfaßt nun 42,65 Tagwerk.
Adam Erich verstarb am 27.1.1866.
Seine nun zweimalige Witwe Antonia, geborene Seger, lebte noch bis
6.7.1881 und führte die Blutegel-Handlung in München
fort. Antonia Seger liegt mit
ihren beiden Ehemännern im Südfriedhof in München. Mit
Vertrag vom 18.5.1870 erfolgte die Übergabe von Eisingershofen 3
an Sohn Anton Erich unter Berücksichtigung der Rechte seiner noch
lebenden Halbgeschwister Otto, Sigmund und Karoline, verehlichte
Rederer. Die Blutegel selbst blieben im Besitz der Mutter.
Anton Erich heiratete am
2.6.1870 im Dom zu München Carolina Josepha Maria Danzer,
Tochter des Apothekers Joseph Danzer und Carolina
Schmölzl. Die Ehefrau starb am 29.1.1894 und liegt im Alten
Südfriedhof in München. Auch Anton Erich vermehrte den
Grundbesitz nochmals durch Zukäufe von den Bauerseheleuten
von Walpertshofen Benno Westermayr und Maria, geborene Reischl, am
12.3.1903 und am 7.5.1708 von der Gemeinde Prittlbach, vertreten durch
den Bürgermeister Georg Sitti. Das ergab eine nochmalige
Flächenmehrung auf 49 Tagwerk, das sind rd. 16 ha. Daraus
erfolgt am 24.3.1914 der Verkauf von rd. 3 ha an den
Kunstmühlbesitzer Eduard Wittmann, Wümmühle 28.
Wenige Jahre später trat eine
schlechte Entwicklung ein. Ohne vorherige Unterrichtung wurde während des 1. Weltkriegs 1916 an
dem unmittelbar gegenüberliegenden südlichen Amperufer die
Staatliche Munitions- und Pulverfabrik Dachau errichtet und in Betrieb
genommen. Dies stellte für das Gut eine wesentliche Wertminderung
dar, weshalb sich ein Rechtsstreit um eine Entschädigung
entwickelte, der ergebnislos 1922 (Inflation) abgebrochen wurde. In
einem Gutachten wird festgestellt: "Nach Eröffnung des Betriebes
der Pulverfabrik trat eine überaus lästige Störung des
bis dahin in idyllischer Ruhe gelegenen Gutes Eisingertshofen durch
folgende Umstände ein:
Im Betriebe der Pulverfabrik wurde
täglich Probeschiessen mit Kanonen, ferner mit Maschinengewehren
und Infanterie veranstaltet, es entwickelten sich auch Rauchwolken mit
erstickender Wirkung, viertelstundenlang wurde die Dampfsirene in
Betrieb gehalten, die Wachhunde verursachten nachts einen
ungewöhnlichen Lärm. Das Artillerieschiessen hatte
starke Erschütterungen der Fenster und Türen des massiv
gebauten Gutshauses Eisingertshofen zur Folge. Vornehmlich durch diese
Einwirkung des nervenzersetzenden unvermutet einfallenden
Artillerieschiessens und die ständige Befürchtung einer
Explosion wurde einerseits die Gesundheit, Nerven- und Arbeitskraft des
Herrn Erich schwer geschädigt, andererseits wurde das Gut wegen
dieser jedem Käufer ersichtlichen Störung und der
lästigen Nachbarschaft einer Pulverfabrik unverkäuflich."
Nach vergeblichen
Verkaufsbemühungen blieb als einziger Interessent der Landrat und
Würmmühlbesitzer Edurard Wittmann. Unter Inkaufnahme eines
erheblichen Wertabschlages wurde am 5.7.1917 der Verkauf beurkundet. Zu
diesem Zeitpunkt hoffte Anton Erich ein Entschädigungsrecht
durchsetzen zu können. Als das Entschädigungsverlangen 1922
erfolglos abgebrochen wurde, hatte dies wegen der Inflation ohnehin
keine Bedeutung mehr. Auch der in Wertpapieren angelegte Kaufpreis
wurde durch die Inflation entwertet.
Anton Erich war in zweiter Ehe mit
Katharina Renner , * 21.11.1866
in Göggingen bei, Augsburg verheiratet, die bis 1954 noch
in der ehelichen Wohnung Glockenbach 4 in München wohnte und am 29.1.1958 in Maxlrain
starb. Sie wurde am 1.2.1958 im Friedhof am Perlacher
Forst in München begraben. Die Pulver-
und Munitionsfabrik hat das Leben des Ehepaars Erich zerstört.
Diese Einrichtung war aber
auch der Anfang zu den
bekannten schlimmsten Folgen im zweiten Weltkireg. Trotz aller
Belastungen wurde Anton Erich 86
Jahre alt und starb am 16.2.1933. Er liegt ebenfalls im Alten
Südfriedhof in München bei seiner ersten Frau.