Josef Kiening: Genealogie und Häuser im Gebiet nordwestlich von München

 

Gern (Stadtteil von München zwischen Neuhausen und Nymphenburg)

Im Steuerbuch von 1760 wird Gern noch als ganz normales Bauerndörfchen mit 5 Bauern und einem Häusler beschrieben. Der Schotter-Boden war allerdings für Ackerbau kaum geeignet, sondern nur als Viehweide. Deshalb gehörten sehr große Flächen zu den Höfen.

Ab 1663 wurde anstelle der Schwaige (das ist ein Viehhaltungsbetrieb) Kemnathen an der Schloßanlage Nymphenburg gebaut. Für die Wasseranlagen des Schloßparkes wurde ein weiträumiges Kanalsystem angelegt und Wasser auf die trockene Schotterebene geleitet. Dazu wurde in Pasing die Würm abgeleitet und als Nyphenburger Kanal in östlicher Richtung auf die Schotterebene geführt, fertig gestellt ungefähr im Jahr 1739. Der Ablauf nach Nordosten floß direkt am Dorf Gern vorbei. An dieser Stelle liegt heute das Dante-Bad.

 

Wohl im Zuge der Säkularisation geschieht nun ungewöhnliches in Gern:

Die großen Bauernhöfe gehörten bis zur Aufhebung der Klöster mit dem Obereigentum den Klöstern Dietramszell, Dießen und Beuerberg.

Im Erst-Kataster von 1813 stehen jedoch keine Bauern mehr. Nur der Oberländer-Hof, Gern Haus-Nr. 1, bleibt in bäuerlichem Besitz.

Alle anderen Anwesen hat die Königin aufgekauft . Die ehemaligen Bauernhöfe werden offensichtlich als Viehhaltung zu Schloß Nymphenburg betrieben.

Die Königin Friederike Wilhelmine Karoline, Prinzessin von Baden und Hochberg, Gemahlin von König Maximilian I. Josef, hatte das Dorf, mit Ausnahme des Oberländerhofes, in ihrem Privatbesitz. Eine Zuordnung der Hausnummern zu den noch 1760 genannten Höfen kann deshalb nur ganz willkürlich erfolgen, denn die Höfe bestanden ja nicht mehr.

Der Kauf des stadtnah gelegenen Dorfes mit über 200 Hektar Grund sieht sehr nach "allerhöchster" Bodenspekulation aus. Das ebene trockene Gelände zwischen der Stadt München, die soeben ihre Befestigung geschleift hatte und der Schloßanlage in Nyphenburg bot sich als gutes Baugebiet für die Oberschicht der Stadt an. Die armen Leute konnten auf dem schlechten Baugrund der Isarauen siedeln.

Der König, geboren 1756, hatte, als er noch nicht Kurfürst von Bayern war, in zweiter Ehe 1797 in Karlsruhe die oben genannte Prinzessin Karoline von Baden geheiratet. Die Königin, 1776 geboren, also 20 Jahre jünger als der König, richtete sich offenbar bald auf ihren Witwenstand durch Erwerb von Privatvermögen ein. Sie war von 1825 bis 1841 Witwe und lebte in der Herzog-Max-Burg, dem heutigen Justizgebäude am Lenbachplatz.

Der Stadtteil-Name Gern ist heute fast vergessen. Das Gebiet nennt sich jetzt "Nymphenburg" und gilt als dezent vornehmes Wohngebiet. Für die Königin bzw. ihre Erben war der Kauf des Dorfes sicher eine gute Geldanlage.

Meine Leser muß ich jedoch enttäuschen: Hier endet die bäuerliche Genealogie bereits um 1800.

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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de