In meinem Programm sind je Person nur 3 Heiraten vorgesehen. In Oberzell finden wir als Extremfall einen Mann, der 8 mal geheiratet hat. Da ich so viele Heiraten mit meinem Programm nicht darstellen kann, folgt die Geschichte von Matthias Mayr hier als Text.
Er zeigt, welche Informationen aus den Briefprotokollen zu holen sind, wobei zu jeder hier stichwortartig zitierten Notiz im Original ein seitenlanges Protokoll vorhanden ist, das weitere Details enthält. Zitiert werden hier nur die Fakten, der genealogische Zusammenhang und die Geldbeträge.
Die Pfarrbücher der Pfarrei Dasing wurden nicht bearbeitet. Dort sollten die genauen Geburts- und Sterbedaten, sowie eventuelle weitere Kinder zu finden sein, die jedoch bald nach der Geburt wieder gestorben sind, so daß sie in den Nachlässen der Mütter nicht verzeichnet sind.
Alle überlebenden Kinder werden in den Briefprotokollen und hier genannt.
Acht Ehen sind in meiner Datensammlung bisher ein einsamer Rekord.
Alle folgenden Informationen stammen aus den Briefprotokollen des Pfleggerichtes Friedberg, Amt Friedberg.
Die Signaturen der Bände lauten im Staatsarchiv München :
"Rentmeisteramt München Unterbehörden Nr. 3950 bis 3970" früher Pfleggericht Friedberg Pr. 20 bis Pr. 40
8.8.1726
Erstmals genannt wird Matthias Mayr im Nachlaß seines Vaters Thomas Mayr. Die Witwe Barbara schließt einen Erbvergleich mit den Kindern Euphrosina aus der 1. Ehe des Thomas, sowie mit den ehelichen Kindern Matthias, 20 Jahre alt, Afra 13 Jahre alt, Marx 11 Jahre alt.
Sohn Marx ist interessant. 1737 ist er Uhrmachergesell und quittiert 150 Gulden von der Mutter. Dann er taucht im Nachlaß des Matthias Mayr 1777 nochmal auf, denn seine Kinder haben noch Anspruch auf Erbe. Marx (Markus) wurde Uhrmacher in Lublin "im Welschland". Welschland ist ein sehr verschwommener Begriff, denn Lublin liegt in Polen, in Galizien. Dieses Gebiet kam 1772 unter österreichische Herrschaft.
Verwandtschaftliche Beziehungen nach Polen bestehen von Oberzell aus schon länger: 1727 ist Georg Trefller aus Oberzell 2 als Kleinuhrmacher in Krakau und 1739 ist sein Bruder Josef Treffler Kistler ebenfalls in Krakau. Ein Schwager aus der 2. Ehe ist nach Troppau in Oberschlesien. (Siehe unten.)
Die Söhne aus dem kleinen Oberzell haben in Friedberg ein qualifiziertes Handwerk gelernt, mit dem sich sich überall in der damaligen Welt nieder lassen konnten. Vielleicht sind die drei vorgenannten zusammen in die Fremde gewandert.
Die Mutter Barbara übergibt das Gütl mit einem Wert von 800 Gulden an den nun 25-jährigen ältesten Sohn Matthias Mayr. Die jüngere Schwester Afra wird dabei genannt, aber nicht der kleine Bruder Marx, der zu dieser Zeit sicher schon Uhrmacherlehrling in Friedberg war.
20.3.1732
Matthias Mayr schließt seinen ersten Ehevertrag mit Agathe, Tochter des bereits gestorbenen Michael Mayr, Halbbauer in Taiting und dessen ebenfall verstorbenen Ehefrau Anna. Die Braut verspricht 395 Gulden Heiratsgut, fast genau die Hälfte des Anwesen-Wertes.
3.11.1732
Matthias Mayr quittiert, daß er 395 Gulden Heiratsgut von Hans Marquart in Taiting erhalten hat. Hans Marquart ist der 2. Ehemann der Stiefmutter von Agathe Mayr.
18.6.1733
Nachlaß der Agathe Mayr, ihr Kind Maria ist 1/4 Jahr alt. Das Heiratsgut der Mutter steht dem Kind zu und muß deshalb nicht an das Elternhaus der Mutter zurück gezahlt werden. Agathe Mayr ist wahrscheinlich bei oder nach der Geburt des Kindes gestorben. Verbrieft wird der Nachlaß erst, als der Vater wieder heiratet.
18.6.1733
2. Ehevertrag von Matthias Mayr mit Maria, Tochter von Georg Märkl, Halbbauern-Austrägler in Rederzhausen und seiner verstorbenen Gattin Katharina. Das Heiratsgut von 400 Gulden ist vom Bruder der Braut, Jakob Märkl zu bezahlen.
24.11.1734
Maria, Ehefrau des Matthias Mayr ist gestorben, ohne Kinder zu hinterlassen. Deshalb ist das Heiratsgut an ihre Geschwister zurück zu bezahlen. Matthias Mayr zahlt 210 Gulden zurück. Der Rest zu den vereinbarten 400 Gulden war wahrscheinlich noch nicht voll ausbezahlt oder wurde für die Hochzeit und Beerdigung ausgegeben.
Die Geschwister der Maria geb. Märkl sind Jakob Märkl in Rederzhausen, die Ehefrau des Thomas Walter in Igenhausen Gericht Aichach, Johann Merckl in Troppau in Schlesien, und Josef Merkl, der abwesend ist, man weiß jedoch nicht wo er sich aufhält.
Am 1.3.1736 quittieren die Geschwister Märkl, daß sie den Betrag laut 24.11.1734 erhalten haben.
24.11.1734
3. Ehevertrag von Matthias Mayr mit Gertraud, Tochter des Matthias Wagner, bereits gestorben in Harthausen, und dessen noch lebender Ehefrau Maria. Die Braut hat 350 Gulden Heiratsgut.
Von dieser Gattin wurde kein Nachlaß verbrieft oder er ist nicht erhalten, obwohl auch sie in Jahresfrist verstorben ist. Bei einer kinderlosen Ehe wird das Heiratsgut, wie bei der 2. Ehe geschildert, zurück bezahlt.
23.2.1736
4. Ehevertrag von Matthias Mayr mit Maria, Tochter des Dominikus und Afra Lerch in Stätzling. Diese Braut bringt 325 Gulden mit. Bald ist Matthias Mayr wieder Witwer:
17.4.1738
Nachlaß der Maria Mayr für ihren Sohn Anton, 1/2 Jahr alt.
am gleichen Tag:
5. Ehevertrag 17.4.1738 Matthias Mayr mit Ursula, Tochter von Michael und Therese Lämpl, beide bereits verstorben, aus Rederzhausen. Diese Braut hat ebenfalls 350 Gulden.
5.2.1739 Matthias Mayr quittiert 325 Gulden Heiratsgut von Hans Lerch in Stätzling, dem Bruder der 4. Ehefrau. Der Sohn Anton aus 4. Ehe ist zu diesem Zeitpunkt also noch am Leben.
28.2.1743 Erbvergleich nach Tod von Ursula Ehefrau des Matthias Mayr. Diese Gattin hat immerhin fast 4 Ehejahre durchgehalten. Trotzdem wird sie im Kindbett gestorben sein. Sie hinterläßt eine Tochter Anna, bereits im 4. Lebensjahr. Die Tochter wurde also noch 1739 geboren. Das Heiratsgut steht der Tochter als Muttergut zu.
28.2.1743
6. Ehevertrag Jetzt wird es schon schwieriger, eine Braut zu finden. Matthias Mayr heiratet Maria, Tochter des Hans Näsl und seiner bereits gestorbenen Ehefrau Maria in Wulfertshausen. Auch diese Braut bringt 350 Gulden mit, denn sie stammt aus einem großen Bauernhof.
8.7.1745 Als Maria Mayr nach über zwei Jahren stirbt, hinterläßt sie einen Sohn Kaspar, der jedoch laut Erbvergleich ein Stiefkind zu ihm ist. Die Braut war also zum Zeitpunkt der Heirat bereits von einem anderen Mann schwanger oder hatte kurz vor der Hochzeit eine Geburt. Das Heiratsgut bleibt Matthias Mayr.
7. Ehevertrag 8.7.1745: Braut ist die Bauerntochter Therese, Tochter des Josef und Magdalena Eisenhofer in Asbach bei Mering. Der Bruder der Braut, Matthias Eisenhofer bezahlt 300 Gulden Heiratsgut.
Die siebte Ehefrau ist nun immun gegen die im Haus vorhandene Krankheit (Kindbettfieber?) und fast 15 Jahre mit Matthias Mayr verheiratet.
14.2.1760 Als Therese Mayr nach fast 15 Ehejahren stirbt, hat sie wahrscheinlich 10 bis 14 Geburten durchgestanden und hinterläßt drei lebende Kinder, nämlich Katharina mit 13 Jahren, Matthias mit 11 Jahren und Johanna mit 7 Jahren.
8. Ehevertrag am gleichen Tag. Der nun etwa 55-jährige Matthias Mayr schreitet zur 8. Ehe mit der Ganzbauerntochter Katharina, Tochter des Martin und Apollonia Plaicher in Eismannsberg. Die Eltern der Braut sind bereits gestorben und die Braut scheint über das gebärfähige Alter hinaus zu sein. Sie bringt immerhin nochmal 225 Gulden Heiratsgut ins Haus
Die achte Ehe dauert dauert fast 17 Jahre und ist wohl kinderlos. Ende 1776, also mit etwa 70 Jahren stirbt Matthias Mayr und die 8. Ehefrau wird Witwe.
Wenn wir annehmen, daß das Heiratsgut der kinderlosen 2. und 3. Ehefrau vollständig zurück bezahlt wurde, hat Matthias Mayr bei den übrigen 6 Ehen immerhin 1945 Gulden Heiratsgut eingenommen.
Matthias Mayr hat nicht schlecht gewirtschaftet, denn das Anwesen, das er zum Wertansatz von 800 Gulden übernommen hat, wird zu einem Schätzwert von 1368 Gulden von der Witwe an die jüngste Stieftochter übergeben. Das ist eine reale Wertverbesserung, etwa durch Kauf zusätzlicher Grundstücke oder bar vorhandenes Geldvermögen.
Die etwa 25-jährige Johanna Mayr übernimmt das Anwesen also zu 1368 Gulden und heiratet Johann Schurj aus Landmannsdorf, der ihr 500 Gulden Heiratsgut mit bringt.
Der (Stief-)Sohn Matthias jetzt ca. 29 Jahre alt und ledig, bekommt mit 375 Gulden mehr als das Heiratsgut seiner Mutter war.
Katharina, die Tochter aus 7. Ehe, ist bereits mit Lorenz Lipp in Harthausen verheiratet und bekommt oder bekam laut Ehevertrag vom 3.5.1776 als Heiratsgut 350 Gulden.
Die Kinder aus den ersten 6 Ehen werden 1777 nicht mehr genannt. Entweder sind sie schon voll ausbezahlt und können keine Erbansprüche mehr stellen, oder sie sind, was wahrscheinlicher ist, bereits verstorben und das Heiratsgut ihrer Mütter wurde für die Kindererziehung vom Vater einbehalten.
Die achte Ehefrau erhält als Witwe selbstverständlich ihren Austrag im Anwesen und ihr Heiratsgut verbleibt beim Gut.
Alte Bauernregel: Wer nichts erheirat oder erbt, bleibt arm bis daß er sterbt.
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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de